Die Postings und Kommentare in sozialen Medien zu Berichten über Missstände im Umgang mit Flüchtlingen, zuletzt etwa im Rückkehrberatungszentrum am Bürglkopf, sind großteils ablehnend. Das spricht für sich: Verständnis für die Lage von Asylwerbern ist in Österreich ein Minderheitenprogramm. Auch sonst bewegt sich bei dem Thema nichts: Proteste gegen die Abschiebung gut integrierter Lehrlinge werden ausgesessen, selbst wenn sie von politischen Repräsentanten in Gemeinden oder Ländern kommen – und obwohl derlei Außerlandesbringungen wirtschaftlich unvernünftig sind.

Warum ist das so? Ein wichtiger Faktor dürfte schieres Abstumpfen nach 17 Monaten Befeuerung durch die türkis-blaue Antiasylwerberpolitik sein. In einem Land, in dem erst die Jugendbehörde einschreiten musste, um die Internierung unbequemer junger Flüchtlinge hinter Stacheldraht durch Niederösterreichs Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) zu beenden, fallen weniger offensichtliche Skandale für viele offenbar nicht mehr ins Gewicht.

Dennoch: Ein dickes Fell allein kann den desinteressierten bis barschen Grundton in der Diskussion über Flüchtlinge nicht erklären, der nicht nur in Österreich, sondern in weiten Teilen Europas herrscht. Auf Asylwerber zu schimpfen oder überhaupt wegzuschauen ist einfacher, als darüber nachzudenken, wie eine Asylpolitik ausschauen kann, die nicht auf die Abwehr von Flüchtlingen setzt. (Irene Brickner, 13.6.2019)