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Wegen Untreue wird nun gegen Strache ermittelt, berichtet das "Profil".

Foto: REUTERS

Wien – Das Nachrichtenmagazin "Profil" berichtete am Donnerstag zuerst, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen den früheren FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache ermittelt: Der Verdacht laute auf Untreue. Dies hat die Staatsanwaltschaft dem STANDARD bestätigt.

"Wir haben auf Grundlage des Ibiza-Videos Ermittlungen eingeleitet wegen des Verdachts der Untreue in unterschiedlichen Beteiligungsformen (also unmittelbare Täter oder Beitragstäter) gegen Heinz-Christian Strache, Johann Gudenus und unbekannte weitere", so ein Sprecher der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zum STANDARD.

Strache wird damit verdächtigt, dasselbe Delikt begangen zu haben wie Ex-FPÖ-Klubomann Gudenus. Die Ermittlungen gegen Strache und Gudenus laufen seit 20. Mai unter der Aktenzahl 17 St 2/19p. In derselben Strafsache will die Korruptionsstaatsanwaltschaft auch gegen FPÖ-Nationalrat Markus Tschank ermitteln, der im Zentrum des FPÖ-nahen Vereinsnetzwerks steht. Am Donnerstag stimmte der Nationalrat der Aufhebung von Tschanks Immunität zu.

Straches Anwalt Johann Pauer erklärte gegenüber dem Magazin, er bitte um Verständnis, dass er sich "zu laufenden Strafverfahren nicht äußern" könne. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Feilschen um Mandat in Brüssel

In der FPÖ ist man auf den Ex-Parteichef auch angesichts der aktuellen Entwicklungen nicht besonders gut zu sprechen: Statt nach dem Auffliegen der "besoffenen Geschichte" auf Ibiza zumindest ein paar Monate von der öffentlichen Bühne zu verschwinden, ist Strache nach wie vor sehr präsent. Auch durch eine von den rechtsextremen Identitären gestartete Kampagne sammelte er sogar genug Vorzugsstimmen, um ins EU-Parlament einziehen zu können, was Strache eigentlich nie vorgehabt hat.

Doch durch seinen Rücktritt als Vizekanzler und Parteichef scheinen Brüssel und Straßburg die einzigen Orte zu sein, an denen Strache noch über ein politisches Amt verfügen könnte. In den vergangenen Tagen begann Strache, der "wieder aufstehen" will, mit der Annahme des Mandats zu kokettieren. "Die Mühlen Gottes mahlen langsam, aber gerecht!", so Strache am Donnerstag auf seiner Facebook-Seite. Das war freilich, bevor die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am Donnerstag bestätigte, Ermittlungen gegen Strache eingeleitet zu haben.

"Persönliche Erklärung" Straches erwartet

In der Führungsspitze der FPÖ kommt das Verhalten Straches dem Vernehmen nach nicht besonders gut an. Vor allem in der selbstbewussten Landespartei in Oberösterreich wurden Konsequenzen bis hin zum Parteiausschluss überlegt, sollte Strache nach Brüssel gehen – was der oberösterreichische FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner natürlich prompt dementiert hat. Aber klar ist, dass Straches Präsenz im EU-Parlament den anderen Parteien Munition für den Nationalratswahlkampf liefern würde.

Am Donnerstagnachmittag kam es zu einem Gespräch zwischen Norbert Hofer und Strache. "Es war ein gutes Gespräch in professioneller Atmosphäre. Heinz-Christian Strache steht kurz davor, eine Entscheidung hinsichtlich der Annahme seines Mandates im Europäischen Parlament zu treffen", so FPÖ-Klubobmann Hofer in einer Aussendung. "Spätestens am Montag wird Strache dazu eine persönliche Erklärung abgeben."

Geheimniskrämerei

Schon vorab dämpfte die FPÖ die Erwartungen in dieses Treffen. Es werde darüber "nichts kommuniziert werden", hieß es auf Anfrage des STANDARD. Selbst Ort und genaue Uhrzeit des Treffens wurden geheimgehalten. Im Gespräch waren mehrere Varianten, wie die FPÖ und Strache weitermachen könnten. So sollte dem Ex-Parteichef angeboten werden, zuerst die strafrechtlichen Ermittlungen abzuwarten, die wegen der Aussagen im Ibiza-Video laufen – beispielsweise im Bereich der illegalen Parteienfinanzierung.

Der FPÖ-Abgeordnete Tschank wurde deshalb nun vom Nationalrat ausgeliefert, er verliert seine Immunität. Behält Strache juristisch seine weiße Weste, könnte er später ein Comeback feiern, etwa bei den Wiener Landtagswahlen. Eine andere Variante wäre eine Machtübergabe im Hause Strache: Dessen Ehefrau Philippa werden schon länger parteipolitische Ambitionen nachgesagt, sie ist derzeit Tierschutzbeauftragte der FPÖ. Womöglich könnten ihr höhere Aufgaben auf Landes- oder Bundesebene versprochen werden. Der "Kurier" berichtete in seiner Freitag-Ausgabe über ein mögliches Antreten von Philippa Strache, der Ehefrau von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, bei der Nationalratswahl im Herbst. Kandidieren könnte sie auf Platz zwei der Wiener Landesliste, so die Zeitung. Bestätigung gab es dafür seitens der Wiener FPÖ keine.

Nimmt Strache das Mandat an, geraten hingegen Hofer und dessen Vizechef Herbert Kickl in ein Dilemma. So verfügt Strache nach wie vor über eine loyale Gruppe an Fans, deren Größe nicht zu unterschätzen ist. Die Facebook-Seite mit rund 800.000 Unterstützern bleibt weiterhin unter Straches Kontrolle.

In der neuen Fraktion der rechtsnationalen Parteien wäre Strache willkommen. Das sagte der freiheitliche Delegationsführer Harald Vilimsky am Donnerstag am Rande einer Pressekonferenz. Der einstige Vizekanzler hat nun bis 2. Juli Zeit, eine Entscheidung zu fällen. (fsc, elas, 13.6.2019)