Der Klimawandel wird künftig nicht nur zu vermehrten Wetterkatastrophen führen. Auch bewaffnete Konflikte nehmen durch die globale Erwärmung zu.

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Die Veränderungen, die der Klimawandel künftig unserer Umwelt bescheren wird, hat möglicherweise auch Einfluss auf das staatliche Miteinander, und damit letztlich auch auf Risiken von bewaffneten Konflikten. Obwohl andere Faktoren in früheren Jahrzehnten einen deutlich größeren Effekt hatten, erwartet ein Team von internationalen Forschern, dass die globale Erwärmung die Wahrscheinlichkeit für kriegerische Auseinandersetzungen inzwischen steigern könnte.

Dies zeigt zumindest eine aktuelle Studie im Fachmagazin "Nature" unter Leitung von Wissenschaftern der Stanford Universität und mit Beteiligung von Forschern der Universität Hamburg. Die Untersuchung, durchgeführt von 14 Expertinnen und Experten aus verschiedenen Ländern und Disziplinen, fasst den aktuellen Forschungsstand zu diesem umstrittenen Thema zusammen. Die Forscher sind sich demnach einig, dass das Risiko für bewaffnete Konflikte durch das Klima tatsächlich beeinflusst wird. Für das vergangene Jahrhundert schwanken ihre Schätzungen für klimabedingte Konfliktrisiken innerhalb von Staaten zwischen drei und 20 Prozent.

Umstrittene Positionen

"Es bestehen große Meinungsunterschiede über den Zusammenhang von Klima und Konflikten", sagt Studienleiterin Katharine Mach, Direktorin der Stanford Environment Assessment Facility. Co-Autor Jürgen Scheffran von der Universität Hamburg ergänzt: "Die Ergebnisse sind bemerkenswert, weil hier kontroverse Positionen überbrückt werden. Dadurch wird es möglich, gemeinsame Aussagen über Konflikte durch den zukünftigen Klimawandel zu machen."

In einem Szenario mit vier Grad Erwärmung, was letztlich bedeutet, dass die Emissionen von Treibhausgasen nicht radikal reduziert werden können, dürften das Risiko für bewaffnete Konflikte im Mittel um 26 Prozent gegenüber einer Welt ohne menschengemachten Klimawandel steigen. Damit wäre das zusätzliche Konfliktrisiko durch Klimawandel etwa fünfmal so hoch wie das im letzten Jahrhundert. Der Begriff "Konfliktrisiko" umfasst dabei die Häufigkeit und die Intensität von Konflikten, was zum Beispiel Dauer, Opferzahlen oder Schadenshöhe einschließt.

Im günstigsten Fall doppeltes Konfliktrisiko

Selbst wenn das erklärte Ziel des Pariser Klimaabkommens von 2015 erreicht würde und sich die globale Temperatur "nur" um zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau erhöht, würde der mittlere Klimaeinfluss auf Konflikte um 13 Prozent steigen. Dies ist mehr als das Doppelte.

Faktoren wie Armut, politische Instabilität, gesellschaftliche Ungleichheit und vorangegangene Kämpfe in einer Region haben laut der Studie einen weit stärkeren Einfluss auf das Konfliktrisiko als das Klima. Allerdings kann der Klimawandel weltweit auf diese Konfliktfaktoren wirken und so indirekt Konflikte und damit verbundene Gewalt verstärken.

Komplexe Wechselwirkungen

Wie genau das Klima bewaffnete Konflikte beeinflusst, bleibt unsicher. "Wie komplex die Wechselwirkungen sind, dokumentiert ein mehrere hundert Seiten umfassender Anhang", sagt Klima- und Friedensforscher Jürgen Scheffran. "Hierzu gehören extreme Wetterereignisse, unzureichende Versorgung mit Wasser und Nahrung sowie die klimabedingte Migration, die Ungleichheiten und Spannungen in der Bevölkerung verstärken können."

Wahrscheinlich ist, dass sich Konflikte durch den zukünftigen Klimawandel deutlich von Konflikten historischer Klimaveränderungen unterscheiden werden. Gleichzeitig besteht die Chance, Konfliktrisiken durch Innovation und Kooperation zu verringern. Scheffran betont: "Vorrangig ist jetzt eine wirkungsvolle Klimapolitik, die einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Friedenssicherung leistet." (red, 13.6.2019)