Am Strand von Gaza herrscht im Frühsommer Hochbetrieb. Viele Palästinenser denken statt an Politik eher an den mühsamen Alltag.

Foto: AFP / Mohammed Abed

Zack Sabella muss nicht lange überlegen. Auf die Frage, ob er die Gründung eines Staates Palästina noch miterleben werde, folgt ein rasches "Nein". Dabei ist Zack Sabella erst 35 Jahre alt und hätte noch viele Jahre Zeit. Doch er ist überzeugt: "Weder ich noch meine Kinder werden das erleben. Man muss sich für Zukunftsprognosen die Faktenlage ansehen. Tatsache ist, dass nicht einmal Barack Obama, der palästinenserfreundlichste US-Präsident der vergangenen 30 Jahre, die Zweistaatenlösung erreichen konnte."

Und die derzeitige US-Regierung, so scheint es, will sie nicht erreichen.

Noch steht nicht fest, wann genau der Friedensplan vorgestellt wird: in Teilen bereits kommende Woche bei einer Konferenz in Bahrain, wie zunächst angekündigt? Oder doch erst im November, wie vom Nahostgesandten Jason Greenblatt am Wochenende angedeutet? So oder so: Nach allem, was bisher durchgedrungen ist, wird eine Zweistaatenlösung darin nicht mehr vorkommen.

Hoffnung aufgegeben

Israel habe das Recht, Teile des Westjordanlands zu annektieren, sagte vor einigen Tagen der US-Botschafter in Israel, David Friedman. Jason Greenblatt bestätigte diese Aussage am Sonntag bei einer Konferenz in New York. Solch eine Annexion würde einen palästinensischen Staat de facto unmöglich machen. Statt Souveränität erwartet die Palästinenser wirtschaftliche Unterstützung.

Für viele junge Palästinenser kommt das nicht überraschend – im Gegenteil. Sie haben wie Zack Sabella die Hoffnung auf einen eigenen Staat längst aufgegeben. Viele seiner Freunde, so erzählt er, seien ausgewandert – in die USA, nach England, Australien und Kanada. Und viele, die geblieben sind, hätten mittlerweile andere Ziele, erklärt Khalil Shikaki, Politikwissenschafter und Direktor des Palestinian Center for Policy and Survey Research. "Die Verzweiflung hat dazu geführt, dass die jungen Palästinenser mittlerweile größtenteils eine Ein-Staaten-Lösung befürworten, mit gleichen Rechten für Palästinenser und Israelis."

Das heiße aber nicht, dass die jungen Palästinenser die Pläne der Trump-Regierung gutheißen würden: Ihnen sei klar, dass die USA nicht ihr Wohl, sondern eher das der Israelis im Sinn habe, erklärt Khalil Shikaki. Gleichzeitig sei die junge Generation aber auch über die eigene Führung enttäuscht, die seit Jahren die Zweistaatenlösung proklamiere, damit aber gescheitert sei. "Für sie ist diese Zweistaatenelite korrupt und autoritär. Sie fürchtet, dass ein eigener Staat so aussehen würde wie die anderen Staaten in der arabischen Welt."

Bisher kaum Protest

Doch auch die Einstaatenbefürworter dürften Schwierigkeiten haben, ihre Ziele durchzusetzen: Und wenn ihre Enttäuschung und die Frustration der Zweistaatenanhänger erst einmal zusammenkommen, hält Shikaki einen signifikanten Gewaltausbruch für möglich. Bisher allerdings gibt es nur verhaltenen Protest: Einige wenige sind am Wochenende in Ramallah gegen die Bahrain-Konferenz auf die Straße gegangen, Khalil Shikaki spricht von wenigen Hunderten. In den kommenden Tagen werden zwar weitere Proteste erwartet – eine Massenbewegung ist derzeit aber nicht in Sicht.

Hoffen auf Zeit nach Trump

Das könnte auch daran liegen, dass vor allem junge Palästinenser im Westjordanland sich in den vergangenen Jahren ins Privatleben zurückgezogen haben: Zack Sabella spricht von einer Konsumgesellschaft: "Die Menschen sind sehr damit beschäftigt, ihre Kredite abzuzahlen. Klar ist Politik ein Thema, am Esstisch, beim Kartenspielen mit Freunden."

Doch bisher wurde davon nichts in die Tat umgesetzt. "Es scheint, als warten alle auf das Ende der Trump-Regierung. Alle hoffen, dass jemand folgt, der beide Seiten versteht und Druck auf Israel ausübt." Sabella ist sich bewusst, dass Trump auch noch weitere vier Jahre im Amt bleiben könnte. "Dann werden wir einen kritischen Punkt erreichen, an dem wir entscheiden müssen, wie wir weitermachen." (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 18.6.2019)