Hier ist die Erde wieder da. Und wir fragen: Wem gehört der Mond, um den sich kurz vor 50 Jahre Apollo 11 alles dreht, wem gehört das All?

Foto: Bill Anders/Nasa

Man stelle sich vor: In den kommenden Jahrzehnten wird die erste ständig besetzte Mondbasis etabliert, der Ressourcenabbau gestartet und der Grundstein für eine Kolonie auf dem Erdtrabanten gelegt. Doch dann findet ein Erdenbewohner auf seinem terrestrischen Dachboden eine Urkunde: Großvater hat in den 2000er-Jahren ein Mondgrundstück im Internet gekauft! Inklusive Rechte an Bodenschätzen! Und justament liegt die neue Mondbasis genau auf diesen ererbten Mondländereien. Wo wären also Pacht und Schürfrechte einzuklagen?

Die Antwort: Mit Aussicht auf Erfolg – nirgendwo. Mond-, Mars- oder sonstiges extraterrestrisches Eigentum ist bis heute als Geschenkidee beliebt. Die Landnahme auf Basis von US-Gesetzen aus der Goldgräberzeit, mit denen dabei argumentiert wird, ist aber gegenstandslos. "Der Mondverkauf ist ein Scherz, der bisher nicht gerichtlich verfolgt wurde" , sagt Irmgard Marboe vom Institut für Europarecht, Internationales Recht und Rechtsvergleichung der Universität Wien. "Niemand kann erklären, warum gerade kalifornisches Eigentumsrecht auf dem Mond herrschen sollte." Schade für alle, die auf diesem Weg ihren Enkeln eine Mondkolonie verschaffen wollten.

Rechtliche Fragen

Doch wie ist nun die reale rechtliche Situation für kommende Basen, Minen oder Hotels auf dem Erdtrabanten? Wer darf den Mond wie nutzen? Marboe beschäftigt sich als Völkerrechtlerin mit derartigen Fragen. Die Rechtsprofessorin koordiniert – unterstützt von der Förderagentur FFG und dem Verkehrsministerium – die österreichische Anlaufstelle des 1989 von der Raumfahrtagentur Esa gegründeten European Centre for Space Law (ECSL), das sich als Plattform für Rechtsfragen rund um die Raumfahrt versteht.

Man könnte sagen, der Weltraum gehört allen und niemandem: "Das All ist frei von jeglicher staatlicher Jurisdiktion. Kein Staat kann laut dem allgemeinen Weltraumvertrag von 1967 jemandem Eigentum im All übertragen", erklärt Marboe. "Andererseits gehören entsprechend dem international weit weniger stark akzeptierten Mondvertrag von 1979 der Mond und andere Himmelskörper als gemeinsames Erbe der Menschheit uns allen." Man orientierte sich dabei etwa an der Nutzung des Tiefseebodens.

Staatliche Verantwortung

Als diese Verträge (siehe Wissen unten) entworfen wurden, herrschte Kalter Krieg zwischen Ost und West. Man hatte recht unterschiedliche Auffassungen zum Thema Privatwirtschaft. In diesem Lichte sind auch die Vereinbarungen zu sehen. "Artikel VI aus dem Weltraumvertrag, der bezüglich kommerzieller Aktivitäten relevant ist, ist ein Kompromiss zwischen den USA und der Sowjetunion und eine bemerkenswerte Bestimmung" , resümiert Marboe. Er besagt, dass zwar private Aktivitäten sehr wohl erlaubt sind, dass aber die Staaten, denen diese Aktivitäten zuzurechnen sind, dafür geradestehen müssen.

"Hier übernimmt der Staat die Verantwortung für das, was seine Angehörigen machen. Das gibt es sonst in keinem anderen Bereich in dieser Ausformung", sagt Marboe. "Wenn also der US-Hotelier Robert Bigelow wie angekündigt eine Raumstation in den Mondorbit schießt, bleibt das eine amerikanische Weltraumaktivität."

Im Outer Space Treaty von 1967 ist festgeschrieben, dass die Erkundung des Alls zum Wohl der ganzen Menschheit zu erfolgen habe. Wissenschaftliche Erkenntnisse wurden bisher auch gerne geteilt. Aneignung ist verboten. Nutzung ist erlaubt und erfolgt heute auf vielfältige Weise – etwa wenn Satelliten Fernsehbilder und Telefongespräche übertragen oder Erdbeobachtungsdaten übermitteln. So weit, so gut.

Internationale Streitfragen

Doch was ist, wenn eine Sonde einem Asteroiden Wasser entnimmt? Oder wenn man auf dem Mond Helium-3 abbaut, um es als Brennstoff zu verwenden? Fällt die Verwendung nicht erneuerbarer Ressourcen noch unter den Begriff "Nutzung", oder ist es illegitime Aneignung? Dieses Thema, an dem der Ressourcenabbau auf Basis aktueller Verträge hängt, ist ein heißes Eisen in der derzeitigen Debatte. "In dieser Frage streiten die Staaten heftig", sagt Marboe.

Die USA stehen dabei auf jener Seite, die den Abbau durch den Begriff der Nutzung noch gedeckt sehen. Man eigne sich nicht den Mond selbst an, wenn man seine materiellen Ressourcen nutzt, so die Argumentation. 2015 preschten die USA mit einem Gesetz vor, das Weltraumressourcen in diesem Sinne regelt. 2017 folgte eine ähnliche Regelung in Luxemburg, um eine Anlaufstelle in Europa zu bieten. Viele weitere Staaten, darunter Unterzeichnerstaaten des Mondvertrages und auch Österreich haben damit große Probleme. Wenn Materie entnommen werde, gehe das über die Nutzung hinaus, so die Gegenposition.

Ein Hotel auf dem Mond wäre so oder so kaum gefährdet. Denn der Betreiber würde sich rechtlich nicht das Grundstück aneignen, sondern lediglich die Mondoberfläche nutzen. "Ob eine indirekte Aneignung vorliegt, müsste man gegebenenfalls in einem konkreten Streitfall klären", sagt Marboe. "Man würde aber auch nicht sagen, dass man sich durch einen Satelliten dessen Orbitalposition aneignet."

Es sind Bemühungen im Gange, die das Ziel haben, die Rechtslage zu verbessern. Je größer die Rechtssicherheit, desto eher machen Investoren Geld für Raumfahrtunternehmungen locker. Der Mondvertrag selbst sieht einen weiteren Fahrplan vor. Hier ist ein Hemmschuh, dass ihn erst 18 Staaten ratifiziert haben. Auch das Committee on the Peaceful Uses of Outer Space (Copuos) arbeitet an neuen Regelungen.

Neues Regelwerk

Am weitesten fortgeschritten sei man laut Marboe aber bei dem von den Niederlanden geförderten Prozess der The Hague International Space Resources Governance Working Group, der etwa auch die Industrie miteinbezieht und den Anforderungen der neuen Weltraumaktivitäten gerecht wird. USA und Russland haben Beobachterstatus.

"Im besten Fall wird das Regelwerk zu einem internationalen Vertrag. Viele Staaten sind heute aber skeptisch bei bindenden Vereinbarungen", erklärt Marboe. Doch auch ohne Ratifizierung wäre die Arbeit nicht umsonst. "Auch ein nichtbindendes Instrument kann hohe Autorität erlangen und in der Praxis akzeptiert werden. Ein Beispiel dafür sind die Richtlinien zur Vermeidung von Weltraummüll, etwa dass wichtige Orbits von Schrott freigehalten werden. Auch hier gibt es keinen Vertrag, die Regeln sind aber als Standard anerkannt." (Alois Pumhösel, 19.6.2019)