Brüssel – Beim EU-Gipfel in Brüssel wird am heutigen Donnerstagabend noch keine Einigung der EU-Staats- und Regierungschefs zum Personalpaket erwartet. In diesem Fall müsste am morgigen Freitag, spätestens aber bis zum 1. Juli ein Durchbruch gelingen, damit die EU-Staaten vor der konstituierenden Sitzung des EU-Parlaments Kandidaten nennen können, hieß es in Ratskreisen in Brüssel.

Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein hatte vor dem EU-Gipfel betont, bei der Verteilung der Top-Posten seien Gender-Gerechtigkeit, Transparenz sowie eine ausgewogene geografische Verteilung wichtig. Laut den EU-Verträgen sei unter anderem auch das Ergebnis der EU-Wahl zu berücksichtigen. Sie gehe "ergebnisoffen" in ihren ersten EU-Gipfel und werde unter ihren Amtskollegen den Dialog suchen. Sollten sich mehrheitsfähige Personalvorschläge von Ratspräsident Donald Tusk "auftun, werden wir uns anschließen", sagte Bierlein.

Weiterer Sondergipfel nicht ausgeschlossen

Es wird erwartet, dass die EU-Staats- und Regierungschefs am Abend zumindest klären, ob der nächste EU-Kommissionspräsident aus dem Kreis der Spitzenkandidaten bei der EU-Wahl kommen soll. Um die Nachfolge von Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatten sich Manfred Weber (EVP), Frans Timmermans (Sozialdemokraten) und Margrethe Vestager (Liberale) beworben. Derzeit laufen unter den Parteien sowie im EU-Parlament noch Gespräche über das Personalpaket. Ein weiterer Sondergipfel Ende Juni oder Anfang Juli wird nicht ausgeschlossen.

In weiterer Folge soll aber auch über Tusks eigenen Nachfolger, den nächsten EZB-Chef sowie über den nächsten Außenbeauftragten entschieden werden. Am 2. Juli wählt überdies das Europaparlament einen neuen Präsidenten.

Hahn zu Verlängerung bereit

Bierlein selbst hat dem Vernehmen nach am Mittwoch mit Tusk telefoniert und soll vor dem EU-Gipfel noch mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammentreffen. Für die Bundeskanzlerin ist es der erste EU-Gipfel. Sobald der EU-Kommissionspräsident gewählt ist, muss Österreich einen EU-Kommissar nominieren. Amtsinhaber Johannes Hahn hat sich zu einer Verlängerung bereit erklärt. Jeder Kandidat braucht eine Mehrheit im Hauptausschuss des Parlaments.

Zweiter großer Punkt des EU-Gipfels ist der Klimaschutz. Österreich steht dem Vernehmen nach dem Ziel, bis 2050 Klimaneutralität für die EU festzuschreiben, skeptisch gegenüber. Ein aktueller Gipfelentwurf sieht vor, dass der EU-Rat und die EU-Kommission die Bedingungen erarbeiten sollen, um festzustellen, wie "ein Übergang zu einer klimaneutralen EU bis 2050" sichergestellt werden könne, während die Wettbewerbsfähigkeit erhalten und die soziale Balance und nationale Umstände berücksichtigt werden sollen. Dabei soll das Recht der EU-Staaten, ihren eigenen Energie-Mix zu entscheiden geachtet werden und auf Maßnahmen zum Klimaschutzziel der EU bis 2030 aufgebaut werden. (APA, 20.6.2019)