Ein Punkt auf der Liste der klimaschädlichen Subventionen ist die Mineralölsteuerbefreiung von Kerosin für die Luftfahrtbranche.

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Neben der Notwendigkeit einer ökologischen Steuerreform konnten sich Wissenschafter und Umweltschützer in einem weiteren Punkt einigen: Um die nationalen Energie- und Klimaziele zu erreichen, muss Österreich umweltschädliche Subventionen streichen. In einem gemeinsamen Appell schickten sie diese Forderung im Jänner – also noch vor den präsentierten Steuerplänen – an die zuständigen Minister. Doch Maßnahmen blieben bisher aus.

Dabei hätte es durchaus anders kommen können: Bereits in der im April 2018 veröffentlichten "Mission 2030" war von der "Identifikation und Beseitigung von für die Dekarbonisierung kontraproduktiven Regelungen und Bestimmungen" im Mobilitätssektor die Rede. Bund, Länder, Städte und Gemeinden müssten ihre Strategien und Handlungsfelder dementsprechend koordinieren, hieß es darin. Und auch unter dem Punkt "Was uns wichtig ist" befand die ehemalige Regierung, dass das Anliegen wichtig sei, um die Klimaziele zu erreichen. Konkret die "Überprüfung und der stufenweise Abbau möglicher kontraproduktiver Maßnahmen". Im Entwurf des Nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP), den Türkis-Blau Ende 2018 an die EU-Kommission schickte, wurde das Vorhaben wiederholt: Unter Leitung des Finanzministeriums und im Einvernehmen mit Umwelt- und Verkehrsministerium "ist bis Juni 2019 eine Liste von Subventionen, die den Klima- und Energiezielen entgegenstehen, zu erstellen".

Punkteabzug der Kommission

So wichtig war die Liste dann wohl doch nicht. Der Juni verstrich, das Papier wurde nicht veröffentlicht. Und das, obwohl die fehlenden Details zu den Ausstiegsplänen in Bezug auf umweltschädliche Subventionen zu einem Punkteabzug der EU-Kommission führten, die unlängst ihr Feedback zum NEKP-Entwurf nach Wien schickte. "Die Erhebung ist derzeit noch im Gange", heißt es dazu aus dem Umweltministerium. Und weiter: "Die Evaluierung und daraus abgeleitete Entscheidungen werden voraussichtlich nicht durch die Expertenregierung vorgenommen, da es sich dabei um politische Entscheidungen handelt." Das Finanzministerium (BMF) bestätigte diese Position.

Die Krux an der Geschichte: Die Liste existiert bereits seit mehreren Wochen, das Arbeitspapier dazu liegt dem STANDARD vor. In dem Dokument wurden mehr als 15 solcher Zuschüsse oder Erleichterungen genannt. Darunter fällt etwa die Förderung von Anlagen bzw. Infrastruktur zur Nutzung fossiler Energieträger. Das BMF bezifferte den direkten Budgeteffekt mit zwölf Millionen Euro pro Jahr bis 2020. Wesentlich höher fällt die Förderung für Steuererstattungen für energieintensive Unternehmen bis zur Höhe der Mindeststeuerbeträge aus. Diese wurden 2017 mit 400 Millionen Euro beziffert.

Pendler und Beschneiungsanlagen

In dem Dokument sind einige allgemein bekannte Punkte wie etwa die Mineralölsteuerbefreiung von Treibstoffen in der Binnenschifffahrt und im Flugverkehr, die pauschale Dienstwagenbesteuerung oder die Pendlerförderung zu finden. Aber auch andere Privilegien reihen sich in die Liste umweltschädlicher Subventionen: etwa die Energieforschungsausgaben der öffentlichen Hand für fossile Energie, die Förderung von Beschneiungsanlagen oder die Grundsteuerbefreiung von Verkehrsflächen.

Zumindest bei der "Arbeitsliste", wie das Dokument heißt, berief man sich auf bekannte Daten: Als Quellen wurden mehrere Studien des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) und des Umweltdachverbands genannt sowie auch der Förderungsbericht des BMF und mehrere parlamentarische Anfragebeantwortungen. Insgesamt kam das Finanzministerium auf eine Summe von rund 3,25 Milliarden Euro. Das Wifo kam 2016 bei der Berechnung umweltschädlicher Subventionen im Bereich Energie und Verkehr hingegen auf eine Summe von bis zu 4,7 Milliarden Euro pro Jahr. Eine Erklärung für die Differenz könnte der Titel des Dokuments sein: "Teilliste zur Basisliste".

Mehrstimmige Kritik

Die Nichtveröffentlichung sorgte jedenfalls bereits für viel Kritik: "Statt in den Klimaschutz und die Zukunft der Menschen zu investieren, steckt Österreich weiterhin Geld in die klimaschädlichen Energieträger Kohle, Öl und Gas", sagte Greenpeace-Sprecherin Sophie Lampl. Die Erstellung der Liste wäre laut der NGO mit einem "überschaubaren Aufwand" verbunden gewesen. Ähnliche Kritik kam von anderen Umweltschutzorganisationen wie auch von mehreren Parteien. Andreas Schieder (SPÖ) forderte im Vorjahr, Österreich müsse "weg von milliardenschweren Subventionen für fossile Energieträger". Ähnliche Forderungen kamen wiederholt von der Liste Jetzt und den Grünen. Auch seitens der Neos hieß es im Mai, die Subventionen müssten "Schritt für Schritt" abgebaut werden. (Nora Laufer, 1.7.2019)