Der Glaube, dass alle Menschen danach strebten, verstanden zu werden, ist weit verbreitet, aber dennoch ein Irrtum. In Wahrheit ist häufig das Gegenteil der Fall. Man versetze sich etwa in die Haut eines Kleinkriminellen, der sich an einem öffentlichen Ort mit einem Komplizen über das nächste gemeinsame Vorhaben unterhalten will: Er wird in aller Regel nicht daran interessiert sein, dass die Gäste am Nebentisch viel von ihrer Unterhaltung mit bekommen.

Im östlichen London - so lautet eine einleuchtende, wenn auch nicht unumstrittene linguistische Erklärung - hat man sich dieser Schwierigkeit zu stellen gewusst, indem man den so genannten „Rhyming Slang“ erfand, eine trickreiche Sprechweise, die dazu dient, den Inhalt eines Satzes absichtlich zu verdunkeln. Die Sache funktioniert so, dass anstatt des Wortes, das verborgen werden soll, das erste Wort einer zweiten Wortgruppe eingesetzt wird, die sich mit dem zu verbergenden Wort reimt.

Liest sich kompliziert, ist aber einfach: In dem Satz „I’m going to drink five Britneys“ stünde beispielsweise „Britneys“ für „Beers“, die Reimformel wäre „Beers – Britney Spears“. Im Satz „We are going up the apples“ steht „apples“ für „stairs“ (Reimformel: „stairs – apples and pears“). "I got booted in the Niagaras" bedeutet „Ich habe einen Tritt in die Hoden bekommen“ („balls – Niagara falls“). In "Me girlfriend's on the George Michael" wiederum steht „George Michael“ für „menstrual cycle“ usw. usf. (eine reiche Auswahl an Beispielen gibt es auf cockneyrhymingslang.co.uk).

Leser T. D. – er ist mit dem „Rhyming slang“ vertraut - hat mich in einem E-mail auf die deutsche (wienerische?) Phrase „Aber bitte auf Jennifer“ hingewiesen, die nach einem ähnlichen Muster funktioniert. Ich zitiere Herrn D.: „Sie wird umgangssprachlich verwendet für ‚Aber rasch’, meist im Zusammenhang mit einer Bestellung in einem Wirtshaus/Beisl/tiafen Café (‚Geh’ Monika, bring uns no zwa Bier, oba bitte auf Jennifer’).

In meinem Freundeskreis kursiert das Gerücht, dass diese Wortschöpfung auf die US-Sängerin Jennifer Rush zurückgeht, deren Nachname österreichisch ausgesprochen ‚rasch’ bedeutet, sodass ihr Vorname als Synonym für die deutsche Bedeutung ihres Nachnamens herangezogen und verwendet wird.“ Klingt plausibel – besonders weit verbreitet scheint die Formel allerdings nicht zu sein. Eines von wenigen Fundstücken aus Google: „auf jennifer gibts goa nix bei mia (ich mag den namen / ausdruck net...)“