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Wenn Sie eines Morgens aufwachen und sich in ein Insekt verwandelt fühlen würden, in welchem Land wären Sie dann am liebsten zuhause? Zugegeben: Besonders häufig kommt dieses Szenario außer bei Kafka ja nicht vor, aber für den Fall des Falles rate ich: Verwandeln Sie sich in Japan. „Ein besonderes Merkmal des japanischen Sommers und Herbstes ist das Auftreten lärmender Insekten in großer Zahl. (...) Die Japaner mögen diese singenden Insekten seit alters her und halten besonders aktive Exemplare an schönen Spätsommer- und Herbsttagen in kleinen Käfigen in ihrer Nähe“, schreibt Roy Andrew Miller in seinem Buch „Die japanische Sprache; Geschichte und Struktur.“

Eine Konsequenz der japanischen Insektenliebe ist ein hoch entwickelter Wortschatz für Insektenlaute: „Es gibt in Japan viele Grillenarten; die als ,matsumushi’ (,matsu’, Kiefer, ,mushi’ Insekt) bezeichnete Art zirpt beispielsweise ,chinchirorin’, die als, suzumushi’ bezeichnete Art ’riinrin’ (...). Die ,korogi’ genannte Grille zirpt ,ririririri’, und eine andere, besonders laute Art, die ,kutsuwamushi’, macht ,gachagacha’.“ Bei den Heuschrecken gibt es den ,Umaoi’, der ,suitcho’ macht; der ,kirigirisu’ hingegen ,chongiisu’. „In Texten der Heian-Zeit heißt eine besonders laut zirpende Grillenart ,kutsukutsu boshi’, ,der Bursche, der ,kutsukutsu’ macht.“

Glückliche Japaner! Sie haben in jeder Lebenslage, wo es in einem Busch summt oder brummt, die passende Vokabel bereit, um diesen Laut auch korrekt zu bezeichnen. Wenn ich mich nicht irre, ist da das Deutsche weit weniger gut ausgestattet – aber vielleicht sind mir ja nur viele treffende Tierlaut-Nachahmungen entgangen, die die p.t. Leser sogleich nachtragen werden: Muh! Mäh! Oink! Grunz!