Stoßseufzer und Entzückensruf des Hobby-Etymologen: Wie sich doch die Wörter im Laufe der Jahrhunderte verändern! Die "Seuche" ist ein Wort, das sich, laut Auskunft des Grimm'schen Wörterbuches, vom Eigenschaftswort "siech" ableitet und einst soviel hieß wie "die Krankheit" (gemeint: die Krankheit schlechthin). Im Lauf der Jahre erlebte die Seuche eine Bedeutungsverengung und wurde nur mehr für Krankheiten von langer Dauer oder für ansteckende Krankheiten verwendet, also ganz in dem Sinne, wie wir den Begriff auch heute noch gebrauchen.

In der Umgangssprache allerdings erlebt "die Seuche" (NICHT: "eine Seuche"!) ein erstaunliches Comeback in einer sehr viel weiteren Bedeutung, nämlich als eine Art Passepartoutausdruck für alles, was als grindig, versifft, unangenehm, abstoßend und widerwärtig verstanden wird. "Wir haben die Seuche", befinden die Fußballspieler oder die Fußballtrainer, wenn ihre Mannschaft einen schlechten Lauf hat. "Atouba hatte heute die Seuche im Fuß", meint ein enttäuschter Fan, wenn er mit der Performance seines Lieblingsfußballers nicht zufrieden ist. "Diese Disco ist die Seuche", heißt es in der Warnung eines missvergnügten Disco-Besuchers im Internet. Das gehäufte Auftreten solcher und ähnlicher Sätze legt den Schluss nahe, dass sich "die Seuche" geradezu seuchenartig im gegenwärtigen Alltagsdiskurs ausgebreitet hat. Für den Fall, dass die p.t. Leser auch schon infiziert sind, wäre ich dankbar für Hinweise, welche Rolle denn die Seuche in ihrem ganz persönlichen Wortschatz spielt.