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Foto: dpa/Raymond Schmit

In einer Wortspende für das Magazin "News" hat Elfriede Jelinek erkennen lassen, dass sie der Euro in einer Haltung der stoischen Skepsis gegenübertritt: "Die EM ist für mich wie ein riesiges schwarzes Loch, das alles verschluckt. (….) Wer jubeln will, soll das tun. Wer weinen und seine Fahne um die Erd hauen will, soll das tun. Wer sich zuschütten will, soll das tun. Wer das nicht will, soll es nicht tun. Wer das Burgtheater, das Lueger-Denkmal, die Parks und überhaupt die ganze Ringstraße zubrunzen will, soll das tun. Wer es nicht tun will, soll es nicht tun." Für mich als Wörterbuchmenschen war in dieser Passage vor allem die Verwendung des Wortes "zubrunzen" von großem Interesse. "Zubrunzen" bedeutet ja, in Analogie zu "zustöpseln", "zumauern" oder "zubetonieren", soviel wie "etwas mit Hilfe von Urin verschließen, zum Verschwinden bringen". Nun würde es aber selbst einer ganzen Kompanie von Fußballfans nicht gelingen, das Burgtheater oder das Lueger-Denkmal effektiv zuzubrunzen, geschweige denn die ganze Ringstraße: Anbrunzen ist kein Problem, zubrunzen sehr wohl. Wenn Frau Jelinek dennoch das Wort "zubrunzen" verwendet, so haben wir es somit mit einer sprachlichen Übersteigerung und Überhöhung zu tun, einem Akt dichterischer Freiheit also, wie er einer Nobelpreisträgerin wohl zusteht. Ich vermute, dass die Dichterin deswegen vom Zubrunzen anstatt vom Anbrunzen gesprochen hat, weil sie die Dramatik des zu erwartenden Entleerungsgeschehens am Ring hervorheben wollte. Außerdem glaube ich, dass ihr Wörter wie "zuwischerln", "zuludeln" oder "zupieseln" einen zu lieblichen Eindruck erweckt hätten, weswegen Sie sich schließlich fürs Zubrunzen entschied.

Weil wir schon beim Thema Brunz-Komposita sind: Häufiger als das Zubrunzen kommen in der österreichischen Umgangssprache andere Zusammensetzungen des Brunzens mit Präpositionen oder Präpositionaladverbien vor: Das Hinbrunzen etwa oder das schon erwähnte Anbrunzen. Wenn es reflexiv gebraucht wird, deutet dieses Verbum Momente der großen Heiterkeit und Ausgelassenheit an ("Ich brunz mich an"). Auch das Danebenbrunzen erfreut sich einer gewissen Popularität. So gut wie nie hört man dagegen vom Abbrunzen, Aufbrunzen, Durchbrunzen, Vorbrunzen, Nachbrunzen, Querbrunzen oder ähnlichem.