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Griechenlands Rechte stimmt dem Sparplan der Regierung nicht zu. Unterdessen wird wieder gestreikt und protestiert.

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Giorgos Karatzaferis: Kürzungen als Demütigung für das Land.

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Die Sparpläne sind auch einmal mehr Anlass für heftige Proteste und ein unübersehbares Aufgebot an Einsatzkräften auf den Straßen.

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Athen/Brüssel – Die griechische Regierung hat am Freitagabend das umstrittene drakonische Sparpaket abgesegnet, mit dem das Land vor der drohenden Staatspleite bewahrt werden soll. "Es ist angenommen", sagte ein Minister nach der Sitzung. Der parteiunabhängige Ministerpräsident Lucas Papademos hatte zuvor in dramatischen Worten vor einem Scheitern des mit EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) vereinbarten Hilfspakets gewarnt. Die Alternative wäre ein "ökonomisches Chaos" und eine "soziale Explosion", sagte er.

Zugleich stellte er allen Regierungsmitgliedern, die das milliardenschwere Sparpaket nicht mittragen wollten, den Sessel vor die Tür. Insgesamt fünf Regierungsmitglieder erklärten am Freitag ihren Rücktritt und die kleine rechtsgerichtete LAOS-Partei kündigte Papademos die Gefolgschaft auf. Der Beschluss des Sparpakets durch das Parlament soll noch am Wochenende erfolgen. Es sieht allein für heuer Einsparungen in Höhe von 3,3 Milliarden Euro vor, darunter eine Senkung des Mindestlohns um 25 Prozent und den Abbau von 15.000 Beamtenjobs. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass Griechenland 130 Milliarden Euro von den Euro-Partnern erhält. Ohne dieses würde das schwer verschuldete Land Mitte März insolvent werden.

Griechische Medien schätzten, dass es bei der Abstimmung im Parlament mindestens 30 Abweichler im Regierungslager geben könnte. Zudem wollen auch die 16 Abgeordneten der kleinen rechtsgerichteten Partei LAOS das Sparpaket nicht mittragen. Ein Nein des kleinsten Regierungspartners hätte angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Parlament keine Auswirkungen, sollten die beiden anderen Regierungsparteien, die Sozialisten (PASOK) und die Konservativen (Nea Dimokratia), für die Sparanstrengungen votieren. Insgesamt hat das Regierungslager 252 Abgeordnete. Im Athener Parlament sitzen insgesamt 300 Abgeordnete. Mit 151 Ja-Stimmen wäre das Gesetz gebilligt.

Der Euro geriet am Freitag kräftig unter Druck und fiel unter die Marke von 1,32 Dollar. Der ATX in Wien rutschte um über drei Prozent ab.

Entscheidung über Hilfspaket vertagt

Die Euro-Finanzminister hatten eine Entscheidung über das zweite Hilfspaket im Volumen von 130 Milliarden Euro in der Nacht auf Freitag auf kommenden Mittwoch vertagt (siehe Eurogruppe nimmt Griechen stärker in die Pflicht). Bis dahin muss das Parlament in Athen den Sparmaßnahmen zustimmen.

Ein neuer Generalstreik legte das öffentliche Leben in Griechenland am Freitag weitgehend lahm. In der Hauptstadt fuhren weder Busse noch U-Bahnen, öffentliche Einrichtungen waren geschlossen. Auch die Fähren zu den Inseln blieben in den Häfen, der Flugverkehr verlief jedoch störungsfrei. Zu dem Streik gegen die neuen Sparpläne, der auch am Samstag fortgesetzt werden soll, haben die wichtigsten Gewerkschaften des Landes aufgerufen. Bereits am Dienstag dieser Woche fand ein eintägiger Generalstreik statt.

Bei den Protesten gegen die Sparpläne kam es zu Zusammenstößen zwischen Autonomen und der Polizei in Athen (siehe auch Proteste schlagen in Gewalt um). Rund 200 Personen lösten sich aus der ansonsten friedlich demonstrierenden Masse und warfen Steine und Molotowcocktails auf die Polizisten, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Die Beamten setzten Tränengas ein, um die Randalierer auseinanderzutreiben. Angaben zu Verletzten lagen zunächst nicht vor. Nach Schätzungen der Polizei waren rund 11.000 Menschen auf den Straßen der Hauptstadt unterwegs.

14 Milliarden sparen

Die geplanten Einschnitte sehen unter anderem kräftige Lohnkürzungen im Privatsektor und die Entlassung von 150.000 Staatsbediensteten bis 2015 vor. Bis dahin soll Griechenland so 14 Milliarden Euro sparen, dieses Jahr sollen es 3,1 Milliarden sein. Das Programm ist Voraussetzung dafür, dass das Euro-Sorgenkind neue Milliardenhilfen bekommt. Griechenland braucht spätestens in der zweiten Märzhälfte die neue Kapitalspritze. Andernfalls ist das Land bis Ende März pleite. Bisher wurden im Rahmen des ersten Rettungspakets in Gesamthöhe von 110 Milliarden Euro bereits in sechs Tranchen 73 Milliarden durch bilaterale Darlehen an Griechenland ausbezahlt. Österreich zahlte bisher 1,56 Milliarden an Athen.

Die Proteste nahmen auch kuriose Züge an: Der Chef der Polizeigewerkschaft (POESY) drohte mit der Festnahme der Kontrolleure der Geldgeber. Nach Ansicht der Gewerkschaft versucht die "Troika" mit den harten Sparmaßnahmen, die demokratische Ordnung umzuwerfen. Sie versuche, die "nationale Souveränität" zu verletzen und dem griechischen Volk wichtige Güter zu rauben. "Wir warnen Sie, dass wir die sofortige Ausstellung von Haftbefehlen verlangen werden", hieß es in einer schriftlichen Erklärung, die an die Troika-Vertreter geschickt wurde. Verteilt wurde auch ein Flugblatt, auf dem "Wanted" (gesucht) stand. In Aussicht gestellt wurde für die Festnahme der "Troikaner" ein Euro als Belohnung. (Reuters/red, derStandard.at, 10.2.2012)