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Wollen Mutter und Vater Zeit mit ihrem Kind, gestehen diese dem oder der Ex aber nicht zu, können sie ab Februar 2013 zur gemeinsamen Obsorge gezwungen werden.

 

Foto: APA/dpa/Stratenschulte

Sanela Z. hatte das alleinige Sorgerecht für ihren siebenjährigen Sohn. Auf Wunsch des Kindsvaters beantragte sie die Obsorge für beide. Inzwischen hat sie das bereut. Ihr Expartner halte sich nicht an Vereinbarungen, er habe zum Beispiel den Buben an einer anderen Schule angemeldet als ausgemacht war, klagt Z.

Als sie sich mit dem Antrag für alleiniges Sorgerecht an das Gericht wandte, schlug die Richterin eine Doppelmediation für die Eltern mit einem psychologisch und einem juristisch geschulten Mediator vor. Das war im Frühjahr 2011. Inzwischen hat Z. das Gefühl, in einer Endlossschleife an Mediationsterminen festzuhängen. "Es führt zu nichts" , meint sie - "den Hut draufzuhauen" wagt sie aber nicht. "Die Mediatoren könnten sagen, dass ich nicht kooperativ bin." Z. fürchtet, sie könnte das Sorgerecht verlieren.

Ab Februar 2013 dürfte der Bedarf an Mediationsverfahren steigen, glauben Mediatoren. Dann tritt das neue Familienrechtspaket in Kraft. Ab dann besteht für Richter die Möglichkeit, getrennte Eltern zur gemeinsamen Obsorge zu verpflichten.

Die Situation, dass jemand sich aufgrund äußerer Umstände in die Mediation gedrängt sieht, wie Frau Z., kennt Mediatorin und Beraterin Michaela Harrer vom Verein Elternwerkstatt nicht. In der ersten Stunde werde schließlich immer vereinbart, dass Offenheit und Freiwilligkeit herrsche. Mediatoren seien zudem zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet - "auch gegenüber dem Gericht".

Ein Problem mit Kosten (siehe "Wissen"), kennt Harrer von Klienten sehr wohl. Zwar gibt es auf das Gehalt abgestimmte Förderungen für Mediation bei Scheidung, die Tariftabelle sei aber "seit Jahren nicht überarbeitet worden". Inzwischen seien die Belastungen deutlich höher. "Die Fixkosten steigen, und das spüren viele Familien - das merkt man."

"Irrsinnig gute Erfolge"

Mediation sei aber immer noch billiger als Anwaltskosten. Und es gebe inhaltlich "irrsinnig gute Erfolge". Zwei Streitparteien können auch nach Inkrafttreten der "Obsorge neu" nicht zum Mediationsverfahren verpflichtet werden, eine erste Mediationsstunde kann das Gericht aber anordnen.

Nach Ansicht der Vorsitzenden der Fachgruppe Familienrichter, Doris Täubel-Weinreich, steckt dahinter wohl die Hoffnung, dass "die Leute wiederkommen, wenn sie einmal dort sitzen und der Mediator ihnen sagt, wie das so läuft".

Sanela Z. und ihr Ex haben inzwischen 14 Sitzungen zu je 90 Minuten absolviert. Weitere sind geplant. Der erste Zehnerblock kostete pro Einheit je 170 Euro pro Person. Die letzten vier Termine waren voll gefördert, weil beide Elternteile zusammengerechnet derzeit so wenig verdienen.

Neben Mediation können Richter künftig eine Reihe weiterer Beratungen anordnen - teils gefördert bis kostenfrei, teils privat zu bezahlen. Bei Scheidungen von Paaren mit minderjährigem Kind müssen die Eltern künftig nachweisen, dass sie sich über die aus der Scheidung resultierenden Bedürfnisse des Nachwuchses beraten haben lassen. Das kann bei geförderten Familien- und Partnerberatungseinrichtungen erfolgen oder privat, bei frei tätigen Psychologen und Pädagogen. An diese Stellen oder Familienberatungen wendet sich ein getrenntes Paar primär auch, wenn Vater und Mutter vom Gericht zu Erziehungsberatung verpflichtet wurden. Das kann der Fall sein, wenn die vereinbarte Besuchsregelung nicht klappt. Über das Einhalten der Betreuungszeiten sollen künftig in der "heißen Phase" sogenannte Besuchsmittler wachen. Die Kosten: 200 Euro Pauschale je Partei für die ersten drei Monate, weitere 200 Euro werden für weitere drei Monate fällig.

Finanziell interessant ist auch, dass sich bei Obsorgeverfahren Elternteile nur noch durch einen Anwalt vertreten lassen dürfen - bisher konnten sie einen beliebigen Vertrauten zur Verhandlung schicken. Das soll deeskalierend wirken und "die sachliche Ebene stärken", heißt es aus dem Justizministerium.

2011 waren in Österreich 13.347 minderjährige Kinder von einer Scheidung betroffen. Der überwiegende Teil (86,1 Prozent) erfolgte einvernehmlich. (Gudrun Springer, DER STANDARD, 20./21.10.2012)