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Arbeiten bis zum Umfallen, keine Freizeit, kein Urlaub und kein Gehalt: Angestellte von Botschaften können sich schwer gegen Ausbeutung wehren.

Foto: Andy Wong/AP/dapd

Wien - Die Opfer sind meist Frauen und kommen aus Ländern wie Indonesien oder den Philippinen. Täglich müssen sie putzen, kochen und bügeln; Freizeit oder Urlaub gibt es kaum oder gar nicht. Von dem Mindestgehalt, das eigentlich bei 1000 Euro liegt, bekommen sie nur einen Bruchteil, wenn überhaupt. In einzelnen Fällen werden sie geschlagen und misshandelt. Moderne Sklaverei - auch in Österreich.

Sie findet statt in den Haushalten ausländischer Diplomaten - und das Außenministerium ist alarmiert. Zwar gibt es umfangreiche Maßnahmen, die Ausbeutung verhindern sollen. Doch in jüngster Zeit, heißt es in einem internen Papier, mehrten sich vor allem bei Diplomaten arabischer Staaten "Fälle, die auf eine Umgehung der Bestimmungen für private Hausangestellte hindeuten".

Freiheitsentzug für Personal

"Eine Handvoll" problematischer Fälle gebe es jedes Jahr, sagt Elisabeth Tichy-Fisslberger, österreichische Koordinatorin zur Bekämpfung des Menschenhandels. Eine Mitarbeiterin der NGO Lefö, die sich um Opfer von Menschenhandel kümmert, spricht von rund 15 Frauen, die sich jährlich an sie wenden. Die Schilderungen reichen von Freiheitsentzug bis zu schweren körperlichen und psychischen Misshandlungen.

Es sei nicht einfach, etwas zu unternehmen, erzählt die Lefö-Beraterin, die nicht namentlich genannt werden möchte. Zum einen fehlten oft Zeugen, zum anderen schütze die diplomatische Immunität vor polizeilichen Kontrollen am Arbeitsplatz. Trotzdem würden viele Fälle beim Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung angezeigt.

Fast alle Strafverfahren abgebrochen

"Die Polizei nimmt auch Ermittlungen auf und geht den Vorwürfen nach. Allerdings müssen die Diplomaten dazu keine Stellung nehmen", beschreibt die Lefö-Mitarbeiterin. So gut wie alle Strafverfahren werden abgebrochen. Wenn es Entschädigungszahlungen für die Angestellten gibt, erfolgt dies meist inoffiziell auf Druck des Außenministeriums.

Strengere Bestimmungen seit 2009

In Österreich wurden die Bestimmungen seit 2009 verstärkt, um moderne Sklaverei zu erschweren. Gemäß dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen müssen die ausländischen Vertreter ihre Haushaltshilfen beim Außenministerium anmelden - derzeit sind es bei über 3000 akkreditierten Diplomaten circa 200.

Die Legitimationskarte für die Angestellten gilt für ein Jahr. Das eigene Zimmer mit absperrbarem Schrank wird über die Kopie des Mietvertrags und eines Wohnungsplans überprüft. Sie müssen, anders als in Deutschland, persönlich beim Außenamt vorsprechen und ein eigenes Bankkonto für das Gehalt vorweisen.

Schmuggelversuche mit Touristenvisum

Aber auch diese Maßnahmen schützen nicht unbedingt: Einige Arbeitgeber behalten die Bankomatkarte für das eigene Shoppingvergnügen. In einem Fall war der dokumentierte Möbelkauf durch die Diplomatenfamilie Beweis genug, um die Ausbeutung des Hausmädchens zu belegen.

Aufgefallen ist dem Außenministerium auch, dass immer wieder versucht wird, Haushaltshilfen, getarnt als "Freundin der Familie", mit einem Touristenvisum ins Land zu schmuggeln. Deshalb sind die österreichischen Vertretungen im Ausland sensibilisiert auf derartige Anfragen.

Internationale Bekämpfung der Zwangsarbeit

Auch auf internationaler Ebene gibt es Bestrebungen, die Zwangsarbeit zu bekämpfen: Laut Myria Vassiliadou, EU-Koordinatorin gegen Menschenhandel, ist die strafrechtliche Verfolgung von Diplomaten "sehr problematisch". In Belgien sei 2011 ein Entsandter aus dem arabischen Raum des Landes verwiesen worden - "aber das ist eine große Ausnahme".

Am kommenden Montag werden erstmals die einzelnen Länderreports mit Daten zu Menschenhandel präsentiert. (Julia Herrnböck, Julia Raabe, DER STANDARD, 13./14.4.2013)