Die Dusche im Büro sollte schon Standard sein, das gemeinsame Schwitzen mit Kollegen in der Sauna wird es eher nicht.

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Der "Clubraum" in den Büros von teamgnesda in Wien-Mariahilf: Hier hält sich Firmenchef ...

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... Andreas Gnesda am liebsten auf.

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Betriebskostengarantien werden sich "hundertprozentig" durchsetzen, glaubt der Office-Berater Andreas Gnesda. Wie sich Bürowelten ändern und welche Probleme und Chancen das mit sich bringt, sagte er Martin Putschögl.

STANDARD: "Nirgends wird so viel gelogen wie bei den Betriebskosten", heißt es oft. Wissen viele Büromieter gar nicht, wie viel sie später an Betriebskosten zahlen?

Gnesda: Ja, leider. Da gibt es nämlich einerseits so ein blindes Vertrauen der Konsumenten, dass Betriebskosten eh nur für das verrechnet werden, was es wirklich kostet. Dass aber die Höhe der Betriebskosten maßgeblich vom Konzept des Gebäudes, in erster Linie vom Energiekonzept abhängt, ist ein Faktum. Andererseits hat der Gebäudeentwickler sehr häufig mit dem Nutzer überhaupt nichts mehr zu tun. Der entwickelt ein Haus und erklärt potenziellen Mietern, dass es maximal 2,50 Euro Betriebskosten pro Quadratmeter kosten wird. Am Schluss sind es dann aber drei oder 3,50 Euro - weil "es halt so ist". Und das wird anstandslos gezahlt.

STANDARD: Werden sich Betriebskosten-Garantien wie beim Projekt "Silo" deshalb Ihrer Ansicht nach mittelfristig durchsetzen?

Gnesda: Ja, hundertprozentig. Es dauert nur unglaublich lang, bis die Sensibilität für diese Dinge entsteht. Und die Nachfrage muss vom Markt kommen. Es wird heute darüber diskutiert, ob jemand fünf oder zehn Cent mehr Miete zahlt, aber die Betriebskosten werden anstandslos gezahlt.

STANDARD: Welche Motivation hat ein Verwalter sonst, die Betriebskosten gering zu halten?

Gnesda: Überhaupt keine, ganz im Gegenteil: Je mehr Geld er für Wartung, Instandhaltung, Reinigung etc. ausgibt, umso einfacher wird es für ihn. Man sollte sich also sehr genau anschauen, wofür man Betriebskosten zahlt. Wir haben Daten von allen größeren Gebäuden in Wien. Wenn man sich die anschaut, wundert man sich, weil es beispielsweise bei der kaufmännischen Verwaltung zwischen dem einen und dem anderen Gebäude 150 Prozent Unterschied gibt. Das kann keiner erklären.

STANDARD: Auf dem Wiener Büromarkt gibt es derzeit sehr wenige Fertigstellungen neuer Flächen. Gleichzeitig führt der anhaltende Trend zur Flächenkonsolidierung dazu, dass zunehmend nach moderneren Büros gesucht wird. Ist es da nicht noch schwerer für die Mieter, sich durchzusetzen - Stichwort Vermietermarkt?

Gnesda: Flächen gibt es mehr als genug. Die Neuproduktion ist zurückgegangen, das stimmt, aber es ist noch immer ein großer Überhang beim Angebot vorhanden. Von einem Vermietermarkt sind wir also ganz weit weg. Und gute Effizienz kann man auch in einem Haus aus den 80er- oder 90er-Jahren erzeugen. Das muss nicht unbedingt neu sein.

STANDARD: Haben Sie Zahlen darüber, wieviel an Fläche im Schnitt bei einem Umzug eingespart wird?

Gnesda: Ja, wir führen Statistik über unsere Projekte. Da wird im Schnitt bei jedem Wechsel die Fläche um 10 bis 15 Prozent geringer.

STANDARD: Hat das auch damit zu tun, dass die Firmen auf Gemeinschaftsflächen verzichten, etwa Fitnessräume?

Gnesda: Nein, das ist es nicht. Fitnessräume bietet fast keine Firma an. Das funktioniert nicht. Viele nutzen so etwas nur, wenn es professionell geführt ist. Diesen Grad an Professionalität - also mit Trainern etc. - können Firmen nicht leisten. Und dann gibt's dabei noch eine persönliche Komponente: Man will nicht in der Sauna oder im Fitnesscenter neben den Kollegen schwitzen.

STANDARD: Apropos Schwitzen: Was ist mit Duschräumen?

Gnesda: Die sind sehr wichtig und sollten ab einem gewissen Level Standard im Büro sein. Nicht nur für Radfahrer, sondern auch für Geschäftsreisende. Und die sind auch keine große Sache. Was ebenfalls immer mehr wird, sind Cafeterias. Die werden zum Teil schon von Gebäudebetreibern angeboten. Der Hintergrund dafür liegt in den neuen Arbeitswelten - wir nennen sie "New Worlds of Work". Die Flächen werden immer weniger, aber ganz anders konzipiert. Wir wissen etwa heute, dass wir zum Kommunizieren genauso viel Fläche brauchen wie zum Arbeiten. Mehr als die Hälfte unserer Zeit im Büro verbringen wir kommunizierend. Arbeiten ist heute viel herausfordernder, spezieller, und als kreativ arbeitender Mensch braucht man unterschiedliche Umgebungen.

STANDARD: So wie Ihr Büro, in dem es unter anderem einen "Clubraum" und einen Wald mit echten Baumstämmen gibt. Sind die Büroprojekte, die in Wien gerade gebaut werden, darauf ausgerichtet?

Gnesda: Ja. Aber mit dem Gebäude selbst hat das gar nicht so viel zu tun. Es kommt auf den Zuschnitt an, und auch auf die Technik. Eine der größten Herausforderungen kann da die Kapazität sein. Denn was wir machen, ist ja, die Personenkapazität auf der vorhandenen Fläche zu erhöhen. Da ist es dann oft ein Problem, wenn die Stiegenhausbreiten nicht mehr für die nötigen Fluchtwegskapazitäten ausreichen oder die Nassgruppen zu klein sind für die Anzahl an Menschen, die sich nun dort bewegt.

STANDARD: Also mehr Dichte, die man aber nicht merken soll?

Gnesda: Ja, und die Leute merken es oft wirklich nicht. Wir untersuchen oft Anwesenheiten in Büros, da sind die Leute im Schnitt über alle Branchen ein Drittel der Zeit nicht im Büro. Und von der Zeit im Büro verbringen sie maximal die Hälfte am Arbeitsplatz und mindestens die Hälfte kommunizierend in Meetings. Je mehr Management, desto mehr kommunizierend. Ein Firmenchef sitzt praktisch nie am Schreibtisch.

STANDARD: Haben Sie einen Schreibtisch?

Gnesda: Nein. Ich habe Lieblingsräume, wo ich besonders gerne sitze, aber keinen Schreibtisch.

STANDARD: Was sind weitere aktuelle Trends neben den "neuen Arbeitswelten"?

Gnesda: Die Tendenz zu kürzeren Mietverträgen, meist nur noch drei bis fünf Jahre, führt zu mehr Veränderung, flexibleren Wechseln. Wir wissen von vielen Firmen, die sich gerne verändern würden, aber noch in alten Verträgen stecken. Umziehen wird nun aber einfacher, weil die Technik flexibler und einfacher ist. Ich kann mir auch vorstellen, dass von der Anbieterseite viel mehr Infrastruktur zur Verfügung gestellt wird. Das ist auch der Grund, warum die Office Center noch stark wachsen werden. (Martin Putschögl, DER STANDARD, 28.6.2014)