Aus der Küche kommen sie geschossen, die Wirtshausklassiker im Vorstadtwirtshaus Metzgerei.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Tadellos geschmortes Kalbsherz, fein lebrig im Geschmack - der Overkill der Saucenreduktion lässt einen aber viel zu schnell w. o. geben - schade

Foto: Gerhard Wasserbauer

Wenn an einem Dienstagabend im Oktober in einem Vorstadtwirtshaus kein Tisch mehr frei ist, wenn die Gäste sogar im (überdachten) Gastgarten dicht an dicht frösteln und der joviale Kellner trotz beachtlichen Talents zum Tellerschupfen seine Schmähs stets nur im Vorbeilaufen anzubringen vermag, dann setzt man sich doch gerne wo dazu. Wenn dann auch noch der liefernde Fleischhauer samt Familie an diesem Tisch sitzt und sich als Erzeuger der legendären Gissinger-Beinschinken (Kennern aus einem gewissen Höckertier-Lokal geläufig) zu erkennen gibt, dann darf man mit Recht auf ein mehr als anständiges Essen hoffen.

Die Metzgerei, benannt nach dem Betreiber-Ehepaar Stefanie und Christian Metzger, mag mit Weichholzschank, Weichholzstühlen, Weichholzbalkenattrappen und Stoffbezügen wie Tellern im Astloch-Look ein bissl gar humtata-gemütlich eingerichtet sein - den Gästen gefällt es. Zumindest schätzen sie die Qualität der Betreuung genug, um in Scharen einzufallen.

In der Vorstadt angekommen

Wobei: Die Metzgers machen das nicht zufällig so erfolgreich. Sie haben sich bei der Arbeit im Motto am Fluss kennengelernt, einem der wohl professionellst aufgestellten Betriebe der Stadt, wo Christian unter Mario Bernatovic in der Küche werkte und Stefanie im Service. Diese Arbeitsteilung haben sie auch danach beibehalten - zuerst im bezaubernden, aber zusehends baufälligen Restaurant zur Baumgartner Höhe, seit Frühling auf der Linzer Straße. Es ist schön zu sehen, wie dankbar so ein Betrieb in der Vorstadt angenommen wird - den fehlenden Gästen ist das vielbeschworene Wirtshaussterben jedenfalls nicht anzulasten.

Die Speisekarte gefällt sich zwar im Verwirrspiel - Vorspeisen darf man sich gefälligst hinter den Hauptspeisen zusammenklauben -, wenn das einmal gelungen ist, geht es aber ganz manierlich zur Sache. Die "wild gewürzte Streichwurst im Glas" entpuppt sich als stark wacholderwürzige, scharfe Pastete, in Kombination mit gerösteter Brioche und Portweingelee ist dies ein den Durst sehr effektiv animierender Beginn. Die Creme vom geräucherten Kürbis klingt ein bissl spannender, als sie ist, in Wahrheit wird eine indifferente Plutzer-Suppe mittels allzu freihändiger Orangenölbeigabe verschlimmbessert. Rindsuppe, kräftig, mit saftig süßzwiebeliger Milzschnitte, ist die viel bessere Wahl.

Herz, Gulasch, Fleckerl

Gulasch "vom Gschnatter", dem sehnigen untersten Stutzen des Wadschunkens, ist von herrlich gallertiger Saftigkeit, der Saft kümmelig, dicht, sehr gut. Warum so ein kompromissloser Klassiker mit Jungzwiebel-Julienne "dekoriert" wird, konnte die Küche auch nicht erklären. Krautfleckerl sind komplett hausgemacht, schön essigsauer karamellisiert, einzig die Fleckerl würde man sich dicker, bissfreudiger wünschen.

Butterschnitzel vom Wildschwein gerät saftig, sanft, gefällig, statt des gar reduzierten Fonds (von der Art, die beim ersten Bissen die Lippen verklebt) würde man sich ein Natursaftl wünschen. Dasselbe Schicksal plagt das Kalbsherz (siehe Bild): Tadellos geschmort, von fein lebrigem Geschmack, der Overkill der Saucenreduktion aber lässt einen viel zu schnell w. o. geben - schade. Gelobt gehört die Weinkarte mit klug gewählten Positionen von ganz unten bis weit hinauf - und einer richtig freundschaftlichen Kalkulation. (Severin Corti, DER STANDARD, 17.10.2014)