Der Fund der neuen Vormenschenart in Südafrika ist fraglos eine Sensation. Bereits nach den ersten Analysen der Überreste ist klar, dass Homo naledi unser Verständnis der Menschheitsevolution gründlich durcheinanderbringen dürfte. Die neue Art weist eine eigentümliche Kombination von primitiven und modernen Merkmalen auf. Das lässt darauf schließen, dass die Entwicklung zum Menschen alles andere als eine Einbahnstraße war – und dass unser Bild vom Stammbaum des Menschen durch das eines Strauchs mit vielen Zweigen zu ersetzen ist.

So bedeutsam die Entdeckung für unser Verständnis der Evolution des Menschen ist, so revolutionierend könnte sie für die Forschungspraxis nicht nur in der Paläoanthropologie sein, wo über viele Jahrzehnte ein richtiggehender "Krieg um die Knochen" herrschte, bei dem um jedes einzelne Fossil – und den Zugang dazu – gestritten wurde.

Ganz anders beim Homo naledi, dessen Erforschung ein Musterbeispiel für Open Access, also offenen Zugang, ist. Schon bei der Bergung wurde die Öffentlichkeit über Twitter und Youtube informiert. Bei der Auswertung durften 35 Nachwuchsforscher aus aller Welt mitmachen. Und die Publikation der Ergebnisse erfolgte dann nicht in den führenden Zeitschriften Nature oder Science, die sich mit dem Fund gerne geschmückt hätten, aber nicht open access sind, sondern in der für alle zugänglichen Fachzeitschrift eLife. Vorbildliche Frühmenschenforschung! (Klaus Taschwer, 10.9.2015)