Die Überempfindlichkeit gegenüber Licht ist für Migränepatienten besonders schlimm. Nicht selten entwickeln Betroffene eine Photophobie.

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Wien – Etwa zehn bis zwölf Prozent der Österreicher leiden Schätzungen zufolge unter Migräne. In der "Global Burden of Disease Study" der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt Migräne, was die weltweite krankheitsbedingte Belastung betrifft, unter mehr als 300 Erkrankungen an sechster Stelle.

Eine häufige Begleiterscheinung der Erkrankung ist eine Überempfindlichkeit gegenüber Gerüchen, Lärm oder Licht. Lichtreize können aber auch Auslöser einer Kopfschmerzattacke sein. Betroffene entwickeln deshalb häufig eine sogenannte Photophobie. Von Migränikern wird oft schon normales Tageslicht als unerträglich empfunden, mit dem Ergebnis, dass sich Migräne-Erkrankte während einer Attacke in dunkle Räume zurückziehen und starke Lichtreize auch zwischen den Attacken meiden. Eine solche Vermeidungsstrategie zählte bis dato auch zu den ärztlichen Empfehlungen für den Umgang mit Migräne.

Neuesten Forschungen zufolge könnte die Vermeidung von Lichtreizen sogar schädlich sein, wie Wiener Mediziner betonen: "Inzwischen wird vermutet, dass die Vermeidung von Licht nachteilig ist, weil sie die Empfindlichkeit gegenüber Licht, die sogenannte Photophobie, weiter erhöhen könnte", erklärt Kopfschmerzexperte Christian Wöber von der Universitätsklinik für Neurologie der MedUni Wien am AKH.

Konträre Konzepte

Vergleichbar sei dies mit Menschen, die unter Höhen- oder Platzangst leiden und angstauslösende Situationen vermeiden. Damit wird das Problem jedoch nicht gelöst. Ein Forscherteam der Medizinischen Universität Wien geht daher in einer soeben anlaufenden Studie des Wissenschaftsfonds FWF der Frage nach, ob es auch andere und vor allem nachhaltige Wege im Umgang mit der Lichtempfindlichkeit bei Migräne gibt.

Erste Untersuchungen zeigen demnach, dass nicht das Vermeiden von Licht, sondern umgekehrt, die Desensibilisierung des Gehirns gegenüber Lichtreizen eventuell die bessere Strategie sein könnte. Dabei durchlaufen die Betroffenen einwöchige Trainings, in denen sich das Gehirn durch "Flackerlicht" an helles oder normales Licht gewöhnen soll.

In einer anlaufenden Studie soll mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT), mit der die Aktivität von Hirnarealen dargestellt werden kann, die optimale Gegenstrategie identifiziert werden. "Noch ist unklar, ob das Gehirn wirklich weniger empfindlich wird durch Desensibilisierung, also eine Behandlung durch Licht. Wenn ja, wäre das ein völlig neuer Therapieansatz", sagen die Forscher. Indem jeder Patient in einem Abstand von drei Monaten beide Therapieformen durchläuft, sollen individuelle Vergleiche – etwa in welche Richtung die Effekte gehen – möglich sein. (APA, red, 8.2.2016)