Wien – Die Medienbehörde KommAustria attestiert den ORF-Radios inhaltliche Ausgewogenheit. Die Kategorien Information, Unterhaltung, Kultur und Sport stünden in angemessenem Verhältnis zueinander, heißt es, auch wenn die Verteilung etwa beim Sender Ö3 klar zugunsten der Unterhaltung ausfällt. Hintergrund der Entscheidung ist eine Beschwerde der Privatsender gegen Ö3, die bereits im Herbst 2013 eingebracht wurde und durch mehrere Instanzen ging. Moniert wurde, dass die Ausgewogenheit fehle.

Die KommAustria hatte seit Herbst 2015 zum zweiten Mal die Frage zu klären, ob das ORF-Radioprogramm den öffentlich-rechtlichen Kernauftrag erfüllt, weil der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) eine neuerliche Prüfung verlangte.

"Angemessenen Verhältnis" der vier Programmkategorien

Demnach hat der ORF-Hörfunk laut KommAustria im Zeitraum vom 1. Jänner 2012 bis 31. August 2013 den Hörern "in Summe ein differenziertes und ausgewogenes Gesamtprogramm mit Angeboten aus den Bereichen Information, Kultur, Unterhaltung und Sport geboten". Die vier Programmkategorien standen in einem "angemessenen Verhältnis zueinander und der ORF erfüllte insofern seinen im ORF-Gesetz vorgeschriebenen Auftrag".

Unterhaltung dominiert klar

Das Gesamt-Radioprogramm des ORF sei zwar zu rund 57 Prozent der Unterhaltung zuzurechnen, deshalb könne aber das "Überwiegen der Kategorie Unterhaltung unter Berücksichtigung der spezifischen Besonderheiten des Mediums Radio nicht als unangemessen betrachtet werden", urteilt die Medienbehörde. Der Kultur ordnete die KommAustria rund 23 % des ORF-Radioprogramms zu, der Information 19 % und der Kategorie Sport rund 1 %. Auch der geringe Sportanteil sei nicht unangemessen, so die Medienbehörde.

Im ORF-Gesetz sei zwar von einem angemessenen Verhältnis der Programmbereich die Rede, ohne dieses zu definieren. Die Entscheidung der KommAustria ist noch nicht rechtskräftig.

Kronehit will Verfahren weiter führen

Das Privatradio Kronehit will gegen die jüngste Entscheidung der KommAustria vorgehen, sagte Geschäftsführer Ernst Swoboda am Dienstag im Gespräch mit der APA. Zudem sieht er den Gesetzgeber gefordert – habe doch die Medienbehörde wie schon im ersten Rechtsgang de facto festgestellt, dass es "einen Programmauftrag für Radio nicht gibt".

Für Swoboda kam der Spruch der KommAustria "nicht ganz unerwartet". Dennoch will er ihn nicht unwidersprochen stehenlassen. "Dass man im Gesamtprogramm sogar knapp 60 Prozent Unterhaltung haben kann – das ist nicht ausgewogen." Ö1 habe einen "ziemlich hohen Anteil und Kultur und Information", bei Ö3 allerdings liege der "unter der Wahrnehmungsschwelle". Das Grundproblem sei somit, dass der ORF "einen anzunehmenden Programmauftrag in bestimmte Sender auslagert, und das Massenprogramm, mit dem er wirklich alle erreicht und wo er den Privaten Konkurrenz macht, dort ist ihm der Programmauftrag wurscht".

Das Gesetz jedenfalls sei "nicht ausreichend", der Programmauftrag "viel zu schwammig", kritisierte Swoboda weiters. Es müsse, ungeachtet einer Beschwerde gegen die KommAustria-Entscheidung, "primäres Ziel der Politik" sein, hier nachzuschärfen.

VÖP: Programmauftrag nicht klar genug

Auch der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) sieht in der aktuellen Medienbehörde-Entscheidung den "überzeugenden Beweis, dass der Programmauftrag des ORF nicht klar genug formuliert ist". Das sagte VÖP-Geschäftsführerin Corinna Drumm auf APA-Anfrage.

Der ORF verfolge die Strategie, "bestimmte Inhalte auf bestimmten Kanälen zu aggregieren", meinte sie. "Ich bin mir nicht sicher, ob das im Sinne des Erfinders ist. Das kann nicht wirklich die Intention des Gesetzgebers sein." Laut Paragraf 4 des ORF-Gesetzes hat der ORF "durch die Gesamtheit" seiner Programme seinen Programmauftrag zu erfüllen. (APA, red, 28.6.2016)