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Daten dürfen nur im Kampf gegen "schwere Straftaten" gespeichert werden.

Foto: Reuters/Pempel

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich erneut gegen anlasslose Massenüberwachung in Form der Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. Mitgliedstaaten dürfen elektronischen Kommunikationsdiensten "keine allgemeine Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung" auferlegen, heißt es in dem Urteil. Eine Speicherung müsse sich auf das "absolut Notwendige" beschränken, der Zugriff durch Gerichte erlaubt und Betroffene informiert werden, heißt es weiter.

Auch Neuregelungen streng beurteilt

Der EuGH hatte sich bereits 2014 gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. Damals wurde eine EU-Richtlinie, die Mitgliedstaaten zur Einführung dieser Maßnahme verpflichtet hatte, außer Kraft gesetzt. Danach haben allerdings zahlreiche Mitgliedstaaten ihre Form der Datenspeicherung beibehalten oder gar neue Regelungen eingeführt. Aber auch diese unterliegen strengen Richtlinien, sagt der EuGH in diesem neuen Urteil.

Unionsrecht steht nationalen Regelungen entgegen

"Das Unionsrecht steht einer nationalen Regelung entgegen, die eine allgemeine und unterschiedslose Speicherung von Daten vorsieht", heißt es. Konkret hatte sich der EuGH mit Überwachungsmaßnahmen aus Schweden und Großbritannien befasst. In Schweden hatte etwa der Provider Tele 2 nach dem ersten Urteil des EuGH aus dem Jahr 2014 die Speicherung von Nutzerdaten eingestellt. In Großbritannien hatten drei Privatpersonen gegen die Ermächtigung des Innenministers zum Datenspeichern geklagt.

Durch Vorratsdaten könnten "sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben von Personen" gezogen werden, kommentiert der EuGH. Deshalb müssen strenge Voraussetzungen an derartige Regeln geknüpft werden. In Deutschland ist seit Ende 2015 eine Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung in Kraft, in Österreich hatte sich etwa Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) wiederholt für die Maßnahme ausgesprochen.

Vom aktuellen Urteil fühlt sich Brandstetter bestätigt: "Das Urteil des EuGH zielt offensichtlich darauf ab, was ich immer betont habe", sagt er auf STANDARD-Anfrage, "nämlich dass die Vorratsdatenspeicherung nur als Instrument zur Bekämpfung schwerster Kriminalität eingesetzt werden soll. In diesem Bereich brauchen wir sie auch, da bleibe ich bei meiner Meinung." Die Auswirkungen des Urteils für Österreich können derzeit laut Brandstetter "noch nicht abschließend beurteilt werden". Festzuhalten sei allerdings, "dass der EuGH die Vorratsdatenspeicherung offenbar nicht grundsätzlich und generell ablehnt".

Freude bei SPÖ, Grünen, Neos und ISPA

SPÖ-Datenschutzsprecher Harry Buchmayr begrüßt das Urteil des EuGH, "es kommt nicht ganz unerwartet". Die Vorratsdatenspeicherung greife zu sehr in die Grundrechte der Bürger ein, argumentiert der Abgeordnete. Sein grüner Kollege Albert Steinhauser freut sich, "dass damit auch eine Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung in einer leicht adaptierten Version verunmöglicht ist". Es sei ein "erfreulicher Tag für die Bürgerrechte".

"Dass der EuGH bei seiner Linie bleibt, ist natürlich sehr gut", sagt Neos-Datenschutzsprecher Niko Alm. Ein so tiefer Eingriff in die Privatsphäre der Bürger, wie ihn die Vorratsdatenspeicherung darstelle, "hat in einem Rechtsstaat nichts zu suchen". Gleichzeitig fordert Alm Wachsamkeit ein. In einer "Überwachungsgesamtrechnung" soll festgestellt werden, "welche Maßnahmen im Einsatz sind, und diese sollen immer wieder evaluiert werden".

"Wir freuen uns"

Der Verband der Internet-Service-Provider ISPA begrüßt das Urteil ebenfalls: "Wir freuen uns, dass der EuGH auch in 'unruhigen Zeiten' an seinem Grundsatz des Verbotes der anlasslosen Überwachung festhält." Es sei bemerkenswert, dass der EuGH nicht den Ansichten des Generalanwalts gefolgt sei, so die ISPA weiter.

Zufrieden zeigen sich auch die Datenschützer von epicenter.works (ehemals AK Vorrat). Die EuGH-Entscheidung verleihe der Position der NGO "neues Gewicht", da der Gerichtshof die Bedingung stelle, dass nationale Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung "auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt sein müssen". (fsc, sefe, 21.12.2016)