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Antonio Tajani, Präsident.

Foto: Reuters/Hartmann

"Ich glaube an Europa. Aber wir brauchen einen Wandel, und auch einen Präsidenten, der für alle da ist." Mit nur wenigen Worten hat Antonio Tajani im Plenum in Straßburg seine Arbeitsphilosophie als neuer Chef des Europäischen Parlaments erklärt und zugleich Kritik am Vorgänger geübt.

Gelernt ist gelernt. Der 63-jährige Italiener, als Sohn eines adeligen Offiziers in Rom auf die Welt gekommen, kann gut formulieren und reden. Er ist ausgebildeter Journalist, spricht neben seiner Muttersprache sehr gut Französisch, Englisch und Spanisch. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft an der angesehenen Universität Sapienza arbeitete er bei der Zeitung "Il Giornale" als politischer Redakteur, bei der RAI als Moderator.

Spitzer Nachsatz

Kein Zufall also auch Tajanis spitzer Nachsatz im Plenum gegen den in den Medien omnipräsenten Sozialdemokraten Martin Schulz: Ein Präsident von 751 Abgeordneten solle sich nicht "wie ein Premierminister" (sprich, parteipolitisch) in Szene setzen. Er müsse die volle ideologische Breite der acht Fraktionen mit Mandataren aus noch viel mehr Nationen nach außen vertreten, sie gleichbehandeln. Das saß. Schulz, wortmächtiger Großkoalitionär, der im Paarlauf mit Kommissionschef Jean-Claude Juncker mit Verve gegen EU-Skeptiker kämpfte, wird nicht ganz zu Unrecht vorgeworfen, dass er das Amt stark zur Eigenprofilierung nutzte, wie auch für sozialdemokratische Offensiven.

Das muss man bei Tajani nicht befürchten. Die Rechtsfraktion von Tories und PiS in Straßburg verhalf ihm zur Mehrheit. Der Christdemokrat ist weniger ein Kämpfer als ein alerter Politiker, der Konflikte meidet, sich anpasst. Erstaunlich eigentlich: denn er ist ein Zögling des früheren italienischen Premierministers Silvio Berlusconi, seit dieser den "Giornale" gekauft hatte. In den 1990ern versanken Italiens Traditionsparteien in Skandalen, Berlusconi gründete seine Forza Italia. Tajani war dabei, wurde Sprecher der Rechtsregierung, dann selbst Politiker. 1994 wechselte er auf ein Mandat im EU-Parlament, für viele Jahre. Tajani hat breites Wissen über Ausschüsse und Abläufe.

2008 folgte der erste große Karrieresprung, als EU-Verkehrskommissar Gianfranco Frattini Italiens Außenminister wurde. Premierminister Berlusconi machte seinen "Mann in Brüssel" zum Kommissar, erst für Verkehr, ab 2010 für Industrie zuständig, und dabei eher ein nicht sehr auffälliger Dealmaker. Tajani ist verheiratet und hat zwei Kinder. (Thomas Mayer, 17.1.2017)