Die Worte des Innenministers wiegen schwer: "Es ist gelungen, in Österreich einen potenziellen Terroranschlag zu verhindern", sagte Wolfgang Sobotka am vergangenen Freitag nach der Festnahme eines 18-Jährigen, der vorgehabt haben soll, im Großraum Wien eine Bombe hochgehen zu lassen.

Für den Beschuldigten gilt wie für jede Person, die nicht rechtskräftig verurteilt ist, die Unschuldsvermutung. Was der junge Österreicher mit albanischen Wurzeln zu den Vorwürfen sagt, wissen wir noch nicht. Verlässliche Informationen dazu wird es erst geben, wenn sein Rechtsvertreter die Öffentlichkeit informiert. Die Verdachtsmomente müssen sich aber erhärtet haben, die Staatsanwaltschaft beantragte am Sonntag die Überstellung des Verdächtigen in die Justizanstalt. Nun muss das Gericht über eine Untersuchungshaft entscheiden.

Die Polizei warnt, dass mit der Festnahme die grundsätzliche Gefahr eines Terroranschlages nicht beseitigt ist, und appelliert an die Bevölkerung, wachsam zu sein. Ein wichtiger Appell, wie die Festnahme eines mutmaßlichen Komplizen am Sonntag in Deutschland zeigte. Umso wichtiger wäre es auch, dass die Sicherheitsbehörden – im Speziellen die Wiener Polizei – ihr Informationsmanagement in den Griff bekommen.

Das Naheverhältnis zwischen Kronen Zeitung und bestimmten Polizeikreisen hat im konkreten Fall dazu geführt, dass die Krone nur Minuten nach der Festnahme über die Polizeiaktion online berichtet hat. Zu diesem Zeitpunkt war nicht klar, ob etwaige Komplizen im Spiel sind. Mittäter oder Mitwisser wären aber gewarnt worden.

Die Polizei betont zwar im Nachhinein, dass der Einsatz nicht gefährdet gewesen sei, dennoch dürfte das Vertrauensverhältnis zwischen Sicherheitsbehörden und Medien nachhaltig beschädigt sein. Das Innenministerium hat den Ernst der Lage erkannt und der Chefetage in der Bundespolizeidirektion am Schottenring bereits eine Kopfwäsche verpasst, wie man hört. Die wiederum muss nun nach der undichten Stelle suchen. Und die Krone sollte ihre Kontrollmechanismen überdenken. Auch im Rennen um die schnellste Schlagzeile – "Wir waren Terrorziel" klang fast schon wie eine Jubelmeldung – gibt es Grenzen.

In der Politik wird die potenzielle Verhinderung eines potenziellen Anschlags den üblichen Reflex auslösen: die Forderung nach mehr Befugnissen für die Terrorfahnder. Dabei könnte man gerade jetzt sagen, dass die ohnehin schon möglichen Fahndungsmaßnahmen zu einem schönen Erfolg geführt haben.

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner hat das von der ÖVP geforderte "Sicherheitspaket" bereits erneut auf den Tisch gelegt – wohl in der Hoffnung, den Regierungspartner SPÖ zu einem heiklen Zeitpunkt unter Druck zu setzen. Mit dabei ist unter anderem der Ausbau der Videoüberwachung. Die ÖVP träumt davon, alle Videokameras in Österreich, egal, ob behördlich oder privat betrieben, zu vernetzen. Abgesehen davon, dass dieser Traum technisch gesehen eine Utopie ist, kann die Justiz ohnehin schon jetzt die Herausgabe von Videoaufzeichnungen erzwingen – auf Antrag der Staatsanwaltschaft und Anordnung eines Gerichts. Was den "Sicherheitsparteien" des Landes in Wahrheit vorschwebt, ist die Aushebelung der unabhängigen richterlichen Kontrolle. Doch das wäre ein furchtbarer Verlust für den Rechtsstaat. (Michael Simoner, 22.1.2017)