Geht: Bernie Ecclestone.

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Kommt: Chase Carey.

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London – Nach mehr als 40 Jahren ist die Ära von Bernie Ecclestone in der Formel 1 beendet. Der neue Besitzer der Rennserie, Liberty Media, verkündete am Montag die Entmachtung des langjährigen Alleinherrschers und zugleich die Einsetzung von Chase Carey als neuem mächtigen Mann.

"Ich bin stolz auf das Geschäft, das ich über die vergangenen 40 Jahre aufgebaut habe, und auf all das, was ich mit der Formel 1 erreicht habe", wurde der 86-jährige Ecclestone in einer offiziellen Mitteilung zitiert. "Ich bin sehr erfreut, dass das Geschäft von Liberty übernommen wurde und dass Liberty vorhat, in die Zukunft der Formel 1 zu investieren. Ich bin mir sicher, dass Chase seine Rolle auf eine Weise ausfüllen wird, die dem Wohle des Sports gilt." Ecclestone wurde immerhin zum Ehrenpräsidenten ernannt.

Die Ereignisse nahmen am Montag gehörig Fahrt auf. Ecclestone, der die Formel 1 seit Ende der 70er zu einem Milliardengeschäft gemacht hat, hatte bei "Auto, Motor und Sport" seine Absetzung als Geschäftsführer angekündigt. "Ich wurde heute abgesetzt. Bin einfach weg", zitierte das Magazin den Briten. Stunden später wurde es auch offiziell.

"Ich möchte meine Anerkennung aussprechen und Bernie für seine über die Jahrzehnte hinweg bewiesene Führungskraft danken", sagte Carey und verkündete sogleich, dass die Übernahme der Formel 1 perfekt sei. "Wegen ihm und dem talentierten Team von Führungskräften, das er geführt hat, ist der Sport heute das, was er ist." Ecclestone soll weiter sein Wissen und seine glänzenden Kontakte einbringen dürfen – nur die Macht wurde ihm genommen.

Der neue Ehrenpäsident

Britische Medien hatten zuvor schon den (erzwungenen) Rücktritt des 86-jährigen Briten für diese Woche prophezeit. Ecclestone, der Ende der 70er-Jahre die TV- und Vermarktungsrechte der Formel 1 gekauft und damit für den Grundstein seines milliardenschweren Imperiums gesorgt hatte, ist nach eigenen Angaben nun "eine Art Ehrenpräsident". Er führe diesen Titel, "ohne zu wissen, was er bedeutet".

Es hatte sich schon lange abgezeichnet und angedeutet – das, was sich die Formel 1 trotz nicht weniger Skandale Ecclestones praktisch nie hatte vorstellen können: Gut zwei Monate vor dem Saisonauftakt am 26. März im australischen Melbourne gibt es eine Formel 1 ohne Ecclestone. Schon beim Kauf der ersten Anteile durch den neuen Besitzer sei er nicht gefragt worden, hatte Ecclestone vor Monaten beklagt. Jetzt hat er kaum noch etwas zu melden.

"Meine Tage im Büro werden jetzt etwas ruhiger", sagte er zu "auto-motor-und-sport.de". "Vielleicht komme ich auch mal zu einem Grand Prix. Ich habe immer noch viele Freunde in der Formel 1. Und ich habe noch genug Geld, um mir den Besuch bei einem Rennen leisten zu können."

4,4 Milliarden Dollar

In der vergangenen Woche hatten die Aktionäre von Liberty Media dem Kauf der Mehrheitsanteile an der Rennserie zugestimmt. Anschließend erteilte auch der Weltverband FIA grünes Licht für die Übernahme. Nur die EU-Wettbewerbshüter könnten das Geschäft noch stoppen.

Insgesamt soll Liberty Media für die Mehrheit an der Königsklasse des Motorsports 4,4 Milliarden Dollar (etwa 3,93 Milliarden Euro) zahlen. Zudem sollten Schulden von 4,1 Milliarden Dollar übernommen werden. Der Liberty-Anteil soll auf 35,3 Prozent wachsen, das Stimmrecht vollständig bei dem US-Konzern liegen. Bisheriger Hauptgesellschafter war seit 2005 das Finanzunternehmen CVC, das Ecclestone als Geschäftsführer eingesetzt hatte.

Ein konkretes Zukunftskonzept der neuen Formel-1-Lenker ist – zumindest öffentlich – noch nicht bekannt. Auch die meisten anderen Vorstände im Formula One Management (FOM) sollen Medienberichten zufolge ihre Positionen verlieren.

Comeback von Brawn

Der einstige Ferrari- und Mercedes-Teamchef Ross Brawn wurde als Managing Director Motorsport eingesetzt, für die Vermarktung ist künftig der ehemalige Chef des US-Sportsenders ESPN, Sean Bratches, als Managing Director Commercial Operations zuständig.

Brawn war an allen sieben WM-Titeln von Michael Schumacher beteiligt, nach seinem Aus als Teamchef von Mercedes Ende 2013 hatte der Brite keinen offiziellen Posten mehr inne. Zuletzt arbeitete er aber schon als Berater für Liberty Media. Bratches war 27 Jahre bei ESPN und bis zu seinem Ausscheiden 2015 in leitender Funktion für den Vertrieb zuständig. Der US-Amerikaner half mit, den Sportkanal groß zu machen. Zudem wurde seine Innovationskraft immer wieder gelobt. So galt er als Triebfeder bei der App WatchESPN, mit der TV-Zuschauer kostenpflichtig das Programm im Internet streamen. So etwas interessiert auch Liberty Media.

"Wir haben eine fast beispiellose Gelegenheit, gemeinsam mit den Teams und Promotoren für eine bessere Formel 1" zu arbeiten, sagte Brawn. "Es ist großartig, in die Welt der Formel 1 zurückzukehren."

Ecclestone nahm zuletzt in erster Linie über die Vermarktung Gelder ein, hinzu kamen die Gebühren von den Rennstreckenbetreibern. Andere Bereiche wie soziale Medien oder den Verkauf von TV-Rechten hatte Ecclestone gar nicht oder nur unzureichend beachtet. Als "dysfunktional" soll der neue starke Mann Carey laut BBC das Modell bezeichnet haben. Auch Ecclestones Führungsstil erscheint anachronistisch. Der Brite herrschte und entschied allein, Demokratie war nicht sein Ding. Nun wurde er abgesetzt. (APA, red 24.1.2017)