Wien – Wenn beim Smalltalk demnächst jemand sagt, "so kalt war es zuletzt vor 30 Jahren", so ist das keine Übertreibung: Der Wetterdienst Ubimet hat am Mittwoch mitgeteilt, dass der heurige der kälteste Jänner seit 1987 werden dürfte. Dieser Monat unterbietet demnach das langjährige Mittel von 1981 bis 2010 um -3,3 Grad. Gleichzeitig war der Jänner sonniger, und auch der Satz "Das ist der trockenste Jänner seit 2002" wäre laut Ubimet angebracht.

Die tiefen Temperaturen verwandeln Gewässer, die sonst völlig flüssig sind, in Freizeitattraktionen. Teile des Neusiedler Sees und des Weißensees in Kärnten sind offiziell zum Eislaufen freigegeben (da dies touristisch genützt wird), andere Eisflächen – wie jene auf der bis zu sechs Meter tiefen Alten Donau in Wien – nicht.

Eisläufer auf der Alten Donau wagen sich trotz Warnung der Stadt auf die glatte Fläche.
Foto: APA/AFP/Alex Halada

Dort fließe wärmeres Grundwasser ein, die Eisfläche sei unberechenbar, heißt es vonseiten der Magistratsabteilung 45 (Gewässer).

Wenn das Eis bricht

Vor gut zwei Wochen brach auf der Alten Donau eine Frau im Eis ein. Der Samariterbund empfiehlt in solch einem Fall, Ruhe zu bewahren, die Arme weit auszubreiten, um Hilfe zu rufen und zu versuchen, durch behutsames Strampeln, flach mit dem Oberkörper auf das Eis zu gelangen. Ersthelfer sollen einen Notruf absetzen und der Person möglichst vom Ufer aus ein Brett oder einen Ast zuschieben.

Die Dicke des Eises ist bei der Alten Donau in Wien sehr unterschiedlich und von Grundwasserströmungen beeinflusst.
Foto: APA/AFP/Alex Halada

Dienen sie heute der Unterhaltung, waren vereiste Flüsse in der Vergangenheit sehr gefürchtet. Bis ins 20. Jahrhundert hinein bildeten sich auf der winterlichen Donau oft meterhohe Eisblöcke, wie Severin Hohensinner vom Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement an der Uni für Bodenkultur in Wien weiß. Die Eisstöße seien bis zu sieben Meter hoch gewesen, Stauseen hätten sich gebildet und Land überflutet.

Häuser vom Eis zerquetscht

Wenn sich das Eis dann löste, konnte es Holzhäuser regelrecht zerquetschen, wie es etwa 1830 in der damaligen Ortschaft Leopoldau geschah. "Winterhochwasser waren gefürchteter als Sommerhochwasser", sagt Hohensinner. Sie seien mit ein Grund für die Donauregulierung gewesen. Und Truppen mussten im Krieg wegen Donaueises auch mal ihre Route ändern, berichtet Verena Winiwarter, Professorin für Umweltgeschichte an der Alpen-Adria-Uni in Klagenfurt.

Diese alte Postkarte aus der Sammlung von Verena Winiwarter, Professorin an der Alpe-Adria-Universität in Klagenfurt, zeigt einen "Eisstoss bei Wien", wie darauf steht.
Foto: Privatsammlung Winiwarter

Notschlafplätze aufgestockt

Auch heute bedeutet die Kälte für viele Menschen einen täglichen Kampf: In Wien wurde die Zahl der Notschlafbetten Mitte Jänner aufgestockt. Die Auslastung der rund 1000 Plätze liegt laut dem Fonds Soziales Wien bei rund 90 Prozent. Außerdem sei nach dem Tod einer Obdachlosen mit der Polizei erhoben worden, wo in Wien Menschen im Freien übernachten. Streetworker würden versuchen, nun noch mehr Personen über das Winterpaket zu informieren.

Passanten können beim Caritas-Kältetelefon (01/480 45 53) auf im Freien Schlafende hinweisen. Seit 1. Jänner wurden dort 1.420 Anrufe registriert, rund 100 mehr als im gesamten Vorjahr. (Gudrun Springer, 25.1.2017)