1. Wie geht es nun eigentlich weiter mit ATV?

Die Sendergruppe mit dem längsten Namen der Welt hätte gerne drei weitere Buchstaben, soweit, so klar (und weiter von keinem Beteiligten bestätigt). So unklar, ob die Fellners, wie in der Branche seit der "Österreich"-Empörung vorigen Sonntag gerüchtet, ebenfalls ein Kaufangebot gelegt haben, gestellt, oder was man sonst halt mit Kaufangeboten so tut. Und was wollte die Wettbewerbsbehörde eigentlich bis zum 31. Jänner geklärt haben – also bis Dienstag dieser Woche?

Was – einigermaßen nachvollziehbar – läuft: ATV-Eigentümer Herbert Kloiber und ProSiebenSat1Puls4 versuchen in Vorgesprächen mit der Wettbewerbsbehörde abzuklären, ob und wie sich die Behörde einen solchen Deal zwischen der da und dort marktbeherrschenden, jedenfalls größten privaten Fernsehgruppe im Land und einem bisher unabhängigen Sender mit ein paar weiteren Prozentpunkten Marktanteil vorstellen kann. Wohl, das hilft oft bei Marktbeherrschern, über den kartellrechtlichen Schuhlöffel einer sogenannte Sanierungsfusion, die Regel war gedacht, um einen tiefroten Übernahmekandidaten vor der Einstellung zu retten.

Wenn die Auflagen stehen, würde der Deal offiziell bei der Wettbewerbsbehörde angemeldet. Dann haben alle Unternehmen, deren "rechtliche oder wirtschaftliche Interessen durch den Zusammenschluss berührt werden" zwei Wochen Zeit zur Äußerung bei der Behörde oder beim Bundeskartellanwalt. Danach entscheiden die beiden Stellen, ob sie den Fall vor ein Kartellgericht zur weiteren Prüfung bringen – oder unter Bedingungen und Auflagen davon absehen.

Die Bundeswettbewerbsbehörde und der Fernsehmarkt – interviewed wird da gerade Theodor Thanner, Generaldirektor der BWB, bei einer Kartellgerichtsverhandlung gegen Spar anno 2014.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Käme tatsächlich ein Kaufangebot der Fellners dazu, über das seit der "Österreich"-Empörung über ProSiebenSat1Puls4ATV immer heftiger spekuliert und von Wolfgang Fellner geschwiegen wird: Dann wäre eine Sanierungsfusion für's Erste schwer zu erklären.

Aber die jüngere österreichische Mediengeschichte lehrt, etwa Antenne Steiermark, Radio Melody in Salzburg, oder vielleicht passt auch die Mobilfunklizenzentscheidung für max.mobil (wer's noch kennt): Wer ein Verfahren blockiert, kann auf Anteile hoffen – oder, alternativ, wie im Mobilfunk, wer einen politisch gewichtigen Medienriesen an Bord hat, kommt zum Zug. Vielleicht geht es jenen, die noch die Druckbranche – durchaus im weiteren Sinne – in den ATV-Verkauf bringen wollen, ja beim großen Shootout auch nur noch um das eine oder andere Prozent Dabeisein, Mitredenkönnen und Präsenz.

Für's Erste aber geht es offenbar allen Interessierten vor allem um eines: einen Kanal, der auf vielen, vielen Fernbedienungen und in vielen Programmlisten auf dem goldigen Platz 3 liegt. Ein echter Wert in diesen Bewegtbildtagen. Auch wenn nur knapp über diesem Wert bisher auch die Marktanteile des Senders liegen – der bisher im Ökosystem des Medienkonzernchefs und Programmhändlers Herbert Kloiber nur Jahr für Jahr Millionenverluste ausweist.

2. Das neueste "News"

Für Esther Mitterstieler wird diese Woche besonders spannend – und wohl auch für die 421.000 wöchentlichen Leserinnen und Leser von "News" laut Media-Analyse 2015/16: Mitterstieler, bisher Mitglied der Chefredaktion, wird, nach dem letzten Heft von Eva Weissenberger, Chefredakteurin der Wochenillustrierten. Ihr erstes "News" erscheint am kommenden Samstag. Eva Weissenberger verabschiedete sich gerade von ihren Lesern.

News wird nun wieder neu gezeichnet. Die letzte Nummer unter Eva Weissenberger spielte – für einen Kindergartenschwerpunkt – mit dem Logo.
Foto: VGN / News

Das Heft soll nach den Vorstellungen von Herausgeber und Mehrheitseigentümer Horst Pirker wieder "kantiger" werden, sich mehr auf den "genetischen Code" des einst von Wolfgang und Helmuth Fellner (heute: Mediengruppe Österreich) gegründeten Magazins besinnen. Als "konstituierende Elemente" nannte er zuletzt: Politik, Aufdeckerei, Chronik und Society.

Dafür holt sich Mitterstieler – nach unbestätigten Etatwochenschau-Infos – Verstärkung, die bisher für "Kurier" und Servus TV tätig war und dort für "Servus Krone": Monika Payreder, Jahrgang 1977, soll offenbar Chefin vom Dienst des Wochenmagazins werden.

3. Arbeitspaket für den ORF

Ja, es gab eine Wochenschau ohne ORF – fast jedenfalls: Vorige Woche kam Österreichs allerallergrößtes Medienunternehmen nur vor, weil Armin Wolf (wahrnehmbar) erstmals vor einem größeren Publikum (und mit ein paar illustren Spießgesellen) Karl May las. Es soll lustig gewesen sein. Sieht ganz so aus:

Thomas Maurer, Armin Wolf, Guido Tartarotti und Thomas Glavinic auf dem Rabenhof-Pressefoto zu "Blutsbrüder".
Foto: Rabenhof / Ingo Pertramer

Auch im ORF braut sich was zusammen, scheint's, nicht allein in der Regierungskoalition von SPÖ und ÖVP – so lange sie und ihr neues "Arbeitspaket" halt noch halten. Als Arbeitspaket für den ORF gilt auch nach den jüngsten koalitionären Showdown-Inszenierungen, was etwa in dieser kleinen Eingeweihteschau-Kolumne schon vielfach zu lesen war: Die ÖVP sucht sich die Channel Managerin von ORF 1 aus (Lisa Totzauer), für ORF 2 die SPÖ einen (Roland Brunhofer), der dort praktischerweise damit den allermeisten und meistgesehenen Infosendungen des ORF vorsteht.

Das freilich dürfte, wenn es so kommt, nicht ganz still über die Bühne gehen: Mit – vorsichtig formuliert – Skepsis der ORF-Journalisten ist zu rechnen. Und: Die geplante neue Struktur mit Channel Managern und einer TV-Information, die nicht mehr einer TV-Direktorin untersteht, betrifft auch die Rechte der Redakteursvertretung und rührt voraussichtlich am bestehenden Reakteursstatut, auch bestehende Strukturen des Betriebsrats. Programmdirektorin und Exfernsehdirektorin Kathrin Zechner wirkte bisher auch nicht begeistert davon, dass sie die Information abgeben soll.

Auch Widerstand von Nichtregierungsvertretern im ORF-Stiftungsrat ist zu erwarten. Und die haben im August 2016 immerhin ermöglicht, dass Sozialdemokrat Alexander Wrabetz zum dritten Mal ORF-Chef wurde. Und im September 2016 Wrabetz' Direktoren bestellt.

Vertragte Situation für ORF-Manager Am 1. Jänner 2017 begannen die neuen und alten Direktoren und der neue alte Generaldirektor ihre auf fünf Jahre angelegte, aber etwa mittels ORF-Gesetzesänderungen verkürzbare Funktionsperiode. Wenn es stimmt, was gemeinhin Eingeweihte vom Küniglberg berichten, dann arbeitet jedenfalls ORF-General Alexander Wrabetz noch immer ohne neuen Vertrag mit den passenden Unterschriften. Es soll sich an der Entgeltfortzahlung bei vorzeitiger Ablöse spießen.

In die Verlängerung Früher waren ORF-Generäle jedenfalls für die volle Laufzeit (einst vier, heute fünf Jahre) zu entlohnen, auch wenn sie früher gehen mussten. Inzwischen wurde diese Fortzahlung offenbar auf zwei Jahre verkürzt, nun soll sie wieder auf die volle Periode erhöht werden – heißt es jedenfalls. Den ORF-Chef habe ich dazu beim Stiftungsrat im Dezember (damals falsch über eine Verkürzung der Fortzahlung) gefragt, er wollte sich über Vertragsfragen nicht äußern.

4. Trump und der ohnehin winzige Öffi-Funk – der in den USA gerade 50 wird

Hier schließt sich der Kreis von ATV, ORF und österreichischer Medienpolitik – bei Trump: Österreich war das letzte Land Europas, das bundesweites Privatfernsehen erlaubte. Die USA waren ziemlich spät dran mit öffentlich(-rechtlich)em Fernsehen. Umso schneller könnte mit dieser wesentlich spenden- und sponsorenfinanzierten Randerscheinung des US-Fernsehmarktes wieder Schluss sein, schreibt Joseph Lichterman zum 50-Jahr-Jubiläum der US-Öffis bei Niemanlab. Ich schlage vor, Sie lesen dort weiter, wie öffentlich-rechtlicher Rundfunk selbst in hyperkommerzialisierten Märkten entsteht und aussieht.

Und nein, dort gibt es keine Rundfunkgebühren. Eine vor gut fünf Jahrzehnten geplante Abgabe auf Fernsehgerät-Käufe war nicht durchzubringen. Das Jahresbudget der US-Corporation for Public Broadcasting für Non-Profit-Programme lag 2014 bei 445,5 Millionen Dollar. Das sind rund 416 Millionen Euro und damit deutlich weniger als die Hälfte der jährlichen ORF-Einnahmen von rund einer Milliarde Euro. (Harald Fidler, 30.1.2017)