Impeachment – so heißt das Amtsenthebungsverfahren in den USA – ist ein Schlagwort, das nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten durch die Medien geistert. Trump-Kritiker nennen seine wirtschaftlichen Interessenkonflikte als möglichen Angriffspunkt. Aber wie funktioniert dieses Verfahren genau? Für welche Handlungen kann ein US-Präsident des Amtes enthoben werden? Und welche Aussichten auf Erfolg hätte ein solches Verfahren? Ein Überblick:

Unter welchen Bedingungen kann ein Amtsenthebungsverfahren beginnen?

Die Bedingungen, die es zur Einleitung eines solchen Verfahrens braucht, sind in der US-amerikanischen Verfassung festgelegt. Demnach muss ein Präsident sich des Landesverrats oder der Korruption schuldig machen oder anderweitige "schwere Straftaten und Fehlverhalten" begehen. Was konkret unter "schweren Straftaten oder Fehlverhalten" fällt, ist nicht genau definiert.

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Protestschild mit der Aufforderung, Donald Trump und seinen Vizepräsidenten Mike Pence des Amtes zu entheben. Im Bild auch das Foto von Steve Bannon, dem ehemaligen Chefredakteur des rechtsextremen Mediums "Breitbart News" und derzeit Chefstratege an der Seite von Donald Trump.
Foto: REUTERS/Patrick T. Fallon

Wurde schon ein US-Präsident seines Amtes enthoben?

Nein. Richard Nixon 1974 stand wegen der Watergate-Affäre zwar kurz davor, kam seiner wahrscheinlichen Amtsenthebung aber durch seinen Rücktritt zuvor. Gegen Bill Clinton wurde 1999 ein Verfahren eingeleitet. Als Grund dafür wurde die Falschaussage unter Eid über sein Verhältnis zur damaligen Praktikantin Monica Lewinsky genannt. Auch gegen Andrew Johnson wurde fast 130 Jahre zuvor – 1868 – ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet. Beide endeten mit einem Freispruch.

Wie genau läuft ein Amtsenthebungsverfahren ab?

Das Amtsenthebungsverfahren ist ein mehrstufiger Prozess. Zuerst muss das Justizministerium die Vorwürfe gegen den Präsidenten untersuchen und das Ergebnis dieser Untersuchung anschließend dem Rechtsausschuss des Repräsentantenhauses vorlegen. Wenn dieser mehrheitlich befindet, dass die Untersuchung für die Einleitung eines Verfahrens ausreichend sind, werden noch die Gründe für die Einleitung des Verfahrens klar definiert und dann dem Plenum der Abgeordneten vorgelegt.

Schon wenn eine einfache Mehrheit der Abgeordneten des Repräsentantenhauses einem der Gründe für die Amtsenthebung zustimmt, muss sich der Präsident vor einem Sondergericht des Senats verantworten. Die Zustimmung von zwei Dritteln der Abgeordneten ist nötig, um den Präsidenten des Amtes zu entheben.

Wie funktioniert ein Impeachment? Im Video wird's sehr genau erklärt.
Seeker Daily

Was passiert, wenn ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump erfolgreich wäre?

Die Amtsgeschäfte übernimmt dann der gewählte Vizepräsident. Im aktuellen Fall wäre das Mike Pence. Auch gegen den Vizepräsidenten kann ein Impeachment-Verfahren eingeleitet werden, das nach den gleichen Kriterien ablaufen würde wie jenes gegen den Präsidenten. Sollten Präsident und Vizepräsident ihres Amtes enthoben werden, übernimmt der Sprecher des Repräsentantenhauses die Führung des Staates – derzeit wäre das der Republikaner Paul Ryan. Pence könnte als Präsident allerdings auch einen neuen Vizepräsidenten ernennen, der ihm dann noch vor dem Sprecher des Repräsentantenhauses im Amt folgt. Die Liste der möglichen Präsidentennachfolger ist insgesamt zehn Personen lang. Neuwahlen sind im Wahlsystem der USA nicht vorgesehen.

Wie wahrscheinlich ist ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump?

Obwohl viele der Kritiker von Trump mit dem Gedanken spielen und das Wort "Impeachment" in der Berichterstattung und in Kommentaren herumgeistert, ist die Umsetzung eines tatsächlichen Amtsenthebungsverfahrens kaum wahrscheinlich. Zumindest derzeit nicht. Da die Entscheidung über den Ausgang des Verfahrens letztlich Politiker in Senat und Repräsentantenhaus und keine Juristen treffen, ist die Zusammensetzung der beiden Häuser des US-Kongresses relevant. Derzeit halten die Republikaner sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus die Mehrheit. Und diese republikanische Mehrheit steht auch hinter Präsident Trump. Zwar finden im kommenden Jahr die sogenannten Midterm-Elections statt. Dass sich die Mehrheiten aber zugunsten der Demokraten verschieben, ist noch keine ausgemachte Sache. Solange sich nicht die republikanische Partei gegen Trump stellt, ist wohl kaum mit einem erfolgreichen Amtsenthebungsverfahren zu rechnen. Abgesehen davon, dass Trump zuallererst eine der obengenannten Vergehen begehen müsste, damit überhaupt ein Verfahren eingeleitet werden kann.

Gibt es andere Möglichkeiten, Trump das Präsidentenamt zu entziehen?

Ein Impeachment ist ein formales Verfahren, dessen Regeln klar definiert sind. Ein solches einzuleiten und die entsprechenden Mehrheiten dafür zu bekommen ist – zumindest derzeit – unwahrscheinlich. Allerdings kann es sein, dass der politische Druck auf Trump steigt und er zurücktritt. Nach einem Rücktritt würde Vizepräsident Mike Pence das Amt übernehmen.

Auch der 25. Zusatzartikel zur US-Verfassung könnte laut "Foreign Policy" eine Möglichkeit bieten, Präsident Trump seines Amtes zu entheben. Dort ist die Regelung beschrieben, dass der Vizepräsident gemeinsam mit der einfachen Mehrheit des Kabinetts die Amtsunfähigkeit des Präsidenten feststellen könnte – mit weiterer Zustimmung des Kongresses auch gegen den Willen des Präsidenten. In einem solchen Fall würde der Vizepräsident das Präsidentenamt übernehmen. Eintrittswahrscheinlichkeit: zwischen äußerst gering bis inexistent. (mka, 6.2.2017)