Die EU-Kommission hat am Mittwoch ihre Pläne zum Aufbau einer eigenen EU-Verteidigungspolitik konkretisiert. Die Außenbeauftragte Federica Mogherini und Vizepräsident Jyrki Katainen plädieren dafür, dass langfristig ein EU-Verteidigungsfonds im Volumen von 5,5 Milliarden Euro geschaffen werden soll, der parallel zur Nato die Sicherheitsfähigkeiten der Union stärken soll.

Wie berichtet, haben die Staats- und Regierungschefs bereits beim EU-Gipfel im Dezember in Auftrag gegeben, solche Schritte vorzubereiten. So wird ein "Hauptquartier" in Brüssel eingerichtet, welches die EU-Missionen koordiniert und trainiert. Das vorgelegte Reflexionspapier solle die Staaten dazu animieren, ihre Militärpolitiken in Zukunft besser abzustimmen und zu integrieren, angefangen bei der Beschaffung, um Kosten zu sparen. Die Streuverluste durch nationalisierte Rüstungsprojekte werden auf dutzende Milliarden Euro geschätzt.

Keine "EU-Armee" geplant

Es sei keine eigene "EU-Armee" geplant und auch keine Konkurrenz zur Nato, welche die seit der 2014 beim Gipfel beschlossenen Reform ebenfalls auf Teilen und Zusammenlegen der Kapazitäten setzt, betonte Mogherini. Die EU will laut Katainen aber stärker mit der Nato kooperieren. Der Verteidigungsfonds soll stufenweise aufgebaut werden, mit 90 Millionen Euro für die Forschung sofort. Für Entwicklung im Rüstungsbereich soll es aus dem EU-Budget 500 Millionen Euro 2019 und 2020 an Finanzhilfen geben, ab 2021 jedes Jahr. Durch "Multiplikatoreffekte" durch Kofinanzierungen in den Mitgliedstaaten erwartet man ein Verteidigungsvolumen von mehr als fünf Milliarden Euro. Um als EU-Projekt anerkannt zu werden, müssen sich mindestens drei Firmen aus und zwei Mitgliedstaaten für ein Projekt zusammenschließen. Brüssel übernähme 20 Prozent der Kosten.

Österreicher skeptisch

Bei der Bevölkerung in den Mitgliedstaaten fällt die Unterstützung für eine gemeinsame Verteidigungspolitik sehr unterschiedlich aus. Das geht aus jüngsten Daten von Eurostat in Luxemburg hervor. In Gründerstaaten ist sie besonders hoch, so in Luxemburg (87 Prozent), Deutschland (84) oder den Niederlanden (83) und Belgien (81). Auch in den Randstaaten der Union zu Russland und im Mittelmeer ist es ähnlich – in Litauen (87 Prozent Zustimmung), Estland (83) oder Zypern (81).

Deutlich geringer fällt die Unterstützung für eine EU-Verteidigungspolitik im blockfreien Schweden (59) und im neutralen Schlusslicht Österreich aus, wo nur 57 Prozent der Bürger die Konzepte Mogherinis begrüßen. Dazwischen tut sich ein breites Mittelfeld auf. Nicht viel anders ist es, wenn es um die gemeinsame Außenpolitik der Union geht. Auch da liegen Luxemburg und Deutschland an der Spitze.

Am Ende der Skala liegen Schweden (40) und Großbritannien (50). 59 Prozent der Österreicher wünschen sich mehr gemeinsame EU-Außenpolitik. (Thomas Mayer aus Brüssel, 7.6.2017)