Kulturminister Drozda (SPÖ) stellte Eike Schmidt (rechts) als neuen Chef des KHM ab Mitte 2019 vor.

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Wien – Mit seiner wahrscheinlich letzten gewichtigen Personalentscheidung vor der Nationalratswahl will Thomas Drozda (SPÖ) kulturpolitisch noch einmal auf die Pauke hauen. Der neue Generaldirektor des Museumskonzerns Kunsthistorisches Museum (KHM) ab 2019 wird Eike Schmidt heißen. Der aus Freiburg im Breisgau stammende Kunsthistoriker wird seinen Chefposten bei den Florentiner Uffizien gegen jenen bei der Wiener Institution tauschen.

Um Inszenierung nicht verlegen, sparte der Kulturminister bei Schmidts Vorstellung am Freitag denn auch nicht mit Zitaten: Thomas Bernhard wurde bemüht (das KHM als "Geistesproduktionsmaschine"), und Sir Karl Popper paraphrasiert ("Im Jetzt die Weichen für die Zukunft stellen"). Ja selbst über sein Lieblingswerk in der Gemäldegalerie des Hauses wollte Drozda noch Auskunft geben: Pieter Bruegels Der Turmbau zu Babel fasziniere ihn seit Jahrzehnten.

Ziemlich genau ein Jahrzehnt wird, wenn der Neue übernimmt, seine Vorgängerin Sabine Haag die Geschicke des Museumskomplexes geleitet haben. Sie führte Österreichs bedeutendste Kunsteinrichtung solide, unaufgeregt, im Stillen erfolgreich. Das Rennen um den flottesten Turmbau zu Babel machten nebenher allerdings andere unter sich aus: Expansionswillig und extrovertiert im persönlichen Auftreten ließen Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder und die ehemalige Belvedere-Direktorin Agnes Husslein-Arco das KHM in Würde erstarrt aussehen.

Aus der ZIB 13:00: Der neue Direktor des Kunsthistorischen Museums wurde jetzt bekannt gegeben: Eike Schmidt, derzeitiger Leiter der Uffizien in Florenz, folgt auf Sabine Haag.
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Und tatsächlich war Haag nach den turbulenten Schlussjahren des Langzeitdirektors Wilfried Seipel – man erinnere sich an den Saliera -Diebstahl oder einen verheerenden Rechnungshof-Bericht – als beruhigende Kraft der Vernunft installiert worden. Sie kam direkt aus dem Haus, kannte jeden Winkel und betont noch heute, dass Museen ihre Forschungsaufgaben nicht auf Kosten effekthaschender Inszenierungskunst zurückstellen dürften.

Aber auch Haag konnte bewegen: 2013 wiedereröffnete sie die Kunstkammer, führte eine leistbare Jahreskarte für den gesamten KHM-Verband ein, trieb digitales Marketing voran, installierte erstmals einen Kurator für zeitgenössische Kunst und holte mit der Ganymed-Veranstaltungsreihe Musik und Theater in die Säle mit den knarrenden Fußböden.

All das sollte Eike Schmidt auch in den Uffizien in Florenz umsetzen. Dort ist der 49-Jährige erst seit 2015 am Werk und als erster nicht-italienischer Chef zunächst skeptisch beäugt worden. Es sei aber alles auf Schiene und "kein schneller Abgang", wie er betonte. Er werde seinen Vierjahresvertrag in Italien bis Mitte 2019 voll erfüllen, ehe er nach Wien wechselt.

Besucherströme verteilen

Bei seinen Plänen blieb er noch vage, garantiert wolle man aber die internationale Bedeutung der Sammlungen stärken, neue Besucher erschließen und besser auch durch die zahlreichen "Nebenhäuser" (Theatermuseum, Schatzkammer, Sammlungen in der Neuen Burg, Weltmuseum etc.) leiten. Zeitgenössische Kunst soll es weiter geben. Und auch die Kooperation mit konkurrierenden Museen wie der Albertina will Schmidt vertiefen. Wichtig sei allerdings auch, dass man "Forschung und Vermittlung nicht auseinanderklaffen lässt", warnte er.

Kommt hier eine Mischung aus Haag und Schröder nach Wien? Drozdas Hang zu unbedingtem Veränderungswillen würde es entsprechen. Auch im Burgtheater, wo Karin Bergmann nach der Krise konsolidierend wirkte, will Drozda mit dem Nachfolger Martin Kusej zu neuen, experimentelleren Ufern aufbrechen.

Dazwischen steht freilich eine Nationalratswahl. Also gab es bei der Präsentation des neuen KHM-Chefs auch dahingehend ein paar Worte: Er, Drozda, sei "wild entschlossen", das aktuell des Beschlusses harrende Reformpapier zu den Bundesmuseen ("Weißbuch") noch vor der Wahl im Parlament zu verabschieden. "Notfalls auch mit anderen Mehrheiten." (Stefan Weiss, 1.9.2017)