ÖVP-Verhandler Gernot Blümel spricht sich für ein "behutsames" Vorgehen bei der direkten Demokratie aus.

Foto: APA/Schlager

FPÖ-Verhandler Norbert Hofer will sich nicht rasieren, bis die Regierung steht.

Foto: APA/Schlager

Wien – ÖVP und FPÖ sehen eine gemeinsame Regierung in Reichweite. "Ich hoffe, dass wir zügig vorankommen, dass wir noch vor Weihnachten eine neue Bundesregierung haben", sagte FPÖ-Verhandler Norbert Hofer am Donnerstag. Laut ÖVP-Verhandler Gernot Blümel könnte die Bewertung der Verhandlungsergebnisse der Fachgruppen noch diese Woche abgeschlossen werden. Danach sollen die "Dissenspunkte" geklärt werden.

Die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ dürften im Endspurt sein. Mittlerweile halten auch die Freiheitlichen eine Einigung noch vor Weihnachten möglich ("ZiB 13"-Beitrag).
ORF

Am Donnerstag stand bei den türkis-blauen Verhandlungen das Verkehrskapitel auf dem Programm. Präsentiert wurden eine Reihe von Ankündigungen, von schnelleren Genehmigungsverfahren bis zur Förderung von Elektroautos. Konkrete Details, insbesondere zur Finanzierung, blieben aber offen. Hofer bestätigte zudem sein Interesse am Job des Infrastrukturministers. Auf ÖVP-Seite kündigte Minister Hans Jörg Schelling seinen Rückzug an: Er stehe "der nächsten Bundesregierung nicht mehr als Finanzminister zur Verfügung", ließ er am Donnerstag wissen.

Beschäftigungsbonus infrage gestellt

Vor Verhandlungsbeginn machten beide Parteien klar, dass der von der großen Koalition beschlossene Beschäftigungsbonus für neue Jobs zur Disposition steht. Die von SPÖ und ÖVP beschlossene Förderung soll Unternehmen unterstützen, die zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Beantragt wurde der Bonus bereits von tausenden Firmen, die nun erwarten, dass ihnen bis zu drei Jahre lang die Hälfte der Lohnnebenkosten ersetzt wird. Ausgezahlt wird das Geld vorerst nicht, weil das Finanzministerium EU-rechtliche Bedenken geltend macht.

Hofer und Blümel erklärten, dass der Beschäftigungsbonus zur Disposition steht.

Blümel gibt Kern Verantwortung

Laut Hofer gibt es zwar noch keine Einigung, ob der Beschäftigungsbonus gekürzt oder gestrichen wird, sowohl er als auch Blümel ließen aber die Bereitschaft dazu durchblicken. Hofer betonte, die FPÖ habe dem vor dem Sommer beschlossenen Gesetz nicht zugestimmt, weil die Mittel nicht optimal eingesetzt seien. Daher stehe die Maßnahme zur Disposition.

Blümel führte die damalige Zustimmung der ÖVP auf Druck von SPÖ-Chef Christian Kern zurück: "Bundeskanzler Kern wollte diese Maßnahme unbedingt." Nun machte Blümel Bedenken wegen der Finanzierung geltend und stellte in den Raum, ob der Bonus angesichts des ohnehin starken Wachstums überhaupt sinnvoll sei.

Hofer rasiert sich nicht

Blümel hofft, dass ÖVP und FPÖ noch im Laufe der Woche die Ergebnisse aller inhaltlichen Fachgruppen bewerten können, um dann die letzten Schritte einzuleiten. Hofer hatte ja angekündigt, sich erst wieder zu rasieren, wenn die Regierung steht, und meinte, er hoffe, dass der Bart bald wegkomme: "Meine Mutter erzählt mir jeden Tag, wie hässlich ich bin."

Dissens gibt es nach Angaben beider Verhandler noch in einigen Punkten – etwa bei der von der FPÖ geforderten Stärkung der "direkten Demokratie" (konkret: verpflichtende Volksabstimmungen nach erfolgreichen Volksbegehren). Blümel sprach sich hier für ein "behutsames Vorgehen" aus: "Einen gänzlichen Systemwechsel herbeizuführen, das kann nicht von heute auf morgen gehen."

Sozialpartnerschaft als Streitthema

Als Streitthema sieht Hofer auch noch die Zukunft der Sozialpartnerschaft. "Reibereien" könnte es laut Blümel auch bei der Reform der Sozialversicherung geben. Beide Parteien wollen demnach ein schlankeres System erreichen. Das sei aber eine große Herausforderung, und man werde viel Erklärungsbedarf haben, so der ÖVP-Verhandler. Mehr Geld soll es laut Hofer für das Bundesheer geben. Für Blümel ist das eine Frage der budgetären Leistbarkeit. (APA, 30.11.2017)