Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) greifen die Stadt Wien wegen der Heumarkt-Umwidmung an.

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Die Unesco erlaubt als maximale Bebauungshöhe 43 Meter und droht deshalb, dem Stadtzentrum den Status als Weltkulturerbe abzuerkennen. Auf dem Heumarkt-Areal soll ein 66-Meter-Wohnturm errichtet werden. Das Hotel Intercontinental soll abgerissen und leicht erhöht neu gebaut werden.

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Das Heumarkt-Areal.

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Wien – Die türkis-blaue Bundesregierung nimmt sich der umstrittenen Umwidmung des Wiener Heumarkt-Areals an, die den geplanten Bau eines 66 Meter hohen Wohnturms sowie den Abriss und Neubau des Hotels Intercontinental ermöglicht. Diese Pläne hatten im Vorjahr zur Folge, dass die Unesco das Wiener Stadtzentrum im Juli auf die "Rote Liste" gefährdeter Weltkulturerbestätten setzte. Die Unesco erlaubt als maximale Bebauungshöhe nur 43 Meter.

Strache und Blümel greifen die Stadt Wien an ("ZiB 13").
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Der Regierung sei die Gefahr der Aberkennung des Welterbe-Prädikats durch die Unesco bewusst, sagt Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ). "Die Stadt Wien verstößt gegen die Verpflichtung zum Schutz des Weltkulturerbes." Strache, der auch Wiener FPÖ-Chef ist, kritisiert die "ominöse Hochhauspolitik" der rot-grünen Stadtregierung, wobei der "Profit des Bauträgers im Vordergrund" stehe. Die Unesco werde Wien das Weltkulturerbe aberkennen, "wenn wir nicht die Stopptaste drücken". Sollte Wien weiter auf dem 66-Meter-Wohnturm beharren, werde man "rechtliche Schritte prüfen und auch setzen". Der Gang vor den Verfassungsgerichtshof ist laut Strache eine von verschiedenen Möglichkeiten.

Blümel: "Investor ist der Leidtragende"

Auch Kulturminister und ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel greift Rot-Grün an und wirft der Stadtregierung "Doppelbödigkeit" vor. Die Stadt habe schließlich die Rahmenbedingungen vorgegeben, die die Neugestaltung samt des umstrittenen Turmprojekts durch Investor Michael Tojner von Wertinvest erst möglich machten. "Der Investor ist der Leidtragende", sagt Blümel.

Bis Donnerstag hatte die Republik – als Vertragspartner der Unesco – Zeit, dem Gremium einen neuen Bericht über die Anstrengungen zum Erhalt der Welterbestätten zu übermitteln. Darin werden laut Blümel "erstmals Maßnahmen vorgeschlagen", um die verfahrene Situation zwischen Stadt Wien und Unesco aufzulösen. So soll es Expertenworkshops geben und ein "Heritage Impact Assessment Report" verfasst werden. Auf dieser Basis soll im Frühherbst mit der Unesco diskutiert werden, um einen Kompromiss zu erzielen.

66 Meter versus 43 Meter

Konkrete Pläne, etwa welche Turmhöhe ein Kompromiss wäre und ob sich damit auch die Unesco bewegen müsse, nennt Blümel nicht. Auf die Frage nach möglichen Regressforderungen des Investors – sollte dieser gezwungen werden, kleiner zu bauen – sagt Blümel: "Diese Frage stellt sich nicht." Ursprünglich hätte der Wohnturm 73 Meter hoch werden sollen. Die Stadt einigte sich aber mit dem Investor darauf, den Turm kleiner zu bauen, dafür aber das Hotel Intercont etwas größer und mit mehr Kubatur neu zu errichten. Die Unesco blieb in der bisherigen Diskussionen bei den von ihr geforderten 43 Metern.

Strache hält jedenfalls fest: "Es braucht nicht Prinz Eugen, aber einen Retter des Weltkulturerbes." Kulturminister Blümel glaubt nicht daran, dass die Unesco schon bei ihrer kommenden Sitzung von 24. Juni bis 4. Juli in Bahrain Wien den Welterbestatus aberkennt – ein Jahr nachdem sie Wien auf die Rote Liste gesetzt hat. "Es war noch nie so, dass der Status im ersten Jahr aberkannt wurde", sagt Blümel.

Vassilakou: Kommunikation mit Unesco läuft bereits

Die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou verweist "auf die bereits im Herbst 2017 gestartete direkte Kommunikation mit der Unesco, die in engster Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt läuft". Der Auftritt Straches und Blümels sei nur ein Versuch, vom "Nazi-Liederbuchskandal abzulenken". Schon im März werde eine Unesco-Expertendelegation auf Einladung des Bundeskanzleramts Wien besuchen. Dabei würden offene Fragen mit Vor-Ort-Besuchen, Diskussionen und Analysen abgeklärt werden. (David Krutzler, 1.2.2018)