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Besonders hoch sind die Mieten in Amsterdam (im Bild) und Utrecht.

Foto: REUTERS/Michael Kooren

Er sorgte für erhebliche Aufregung unter den europäischen Verbänden der sozialen Wohnungswirtschaft: Der sogenannte "Dutch Case", der seit 2009 anhängig ist. Damals hatten in den Niederlanden private Wohnbauunternehmen bei der EU-Kommission gegen die geltenden, von ihnen als zu hoch erachteten Einkommensgrenzen beim Bezug geförderter Wohnungen Beschwerde eingelegt. Sie sahen sich im Wettbewerb mit öffentlichkeitsnahen Unternehmen benachteiligt.

Die Einkommensgrenze für den Bezug einer Sozialwohnung lag damals in den Niederlanden bei rund 38.000 Euro pro Jahr und Haushalt und somit geringfügig über dem durchschnittlichen Haushaltseinkommen.

Klage gegen Herabsetzung

Die Regierung in Den Haag hat in der Folge auf Druck der EU-Kommission entschieden, dass neue soziale Mietwohnungen nur noch an Haushalte mit einem jährlichen Bruttoeinkommen von maximal 33.000 Euro vergeben werden sollen. Der öffentlich finanzierte Wohnbau sollte sich nämlich in seiner "ureigensten Aufgabe" ausschließlich auf die Versorgung bedürftiger Schichten konzentrieren. Nach Indexierungen sind es aktuell rund 34.000 Euro.

Das gilt nun aber nur für 90 Prozent der Wohnungen. Der Rest darf an Bewohner vergeben werden, die über der Einkommensgrenze liegen, allerdings werden davon solche, die dennoch Bedarf an einer Sozialwohnung haben – etwa Großfamilien – prioritär behandelt.

Der niederländische Genossenschaftsverband Aedes hat gegen die Herabsetzung geklagt und ging bis vor den EuGH, wo man zunächst ein Verfahren verlor, 2015 aber in Berufung ging. Man argumentierte, dass der soziale Wohnungssektor in den großen Städten der Niederlande selbst für Mittelstandsfamilien oft die einzige Möglichkeit sei, eine leistbare Wohnung zu bekommen. Außerdem pochte man auf die soziale Durchmischung, die Ghettoisierungen vermeide.

Klarstellung erwartet

Vor knapp einem Jahr, im März 2017, beauftragte dann der EuGH das (ihm untergeordnete) Gericht der Europäischen Union, sich die Sache inhaltlich anzusehen. Vom Ausgang dieses Verfahrens erhofft man sich beim europäischen Genossenschaftsverband "Housing Europe" Klarstellungen über die Rolle der Europäischen Kommission hinsichtlich einer Regulierung der Sozialwohnungssektoren in der EU. Eine Entscheidung wird aber frühestens Ende 2018 erwartet.

In der Zwischenzeit haben niederländische Städte mit großem Druck auf dem Wohnungsmarkt, allen voran Amsterdam und Utrecht, selbst reagiert: Sie haben jüngst damit begonnen, erstmals auch gewerblichen Bauträgern Auflagen hinsichtlich Mietpreisgrenzen zu erteilen, wenn diese auf von der Stadt bereitgestellten Grundstücken neue Wohnhäuser errichten. Für einen Teil dieser Wohnungen schreibt die Stadt Amsterdam beispielsweise vor, dass die durchschnittliche Miete nicht mehr als 850 Euro im Monat betragen darf und an wen sie zu vergeben sind – nämlich an den Mittelstand, der aufgrund der gesenkten Einkommensgrenze nun eben gerade nicht mehr in den Genuss einer Sozialwohnung kommen kann.

Die Grenze liegt bei einem Brutto-Haushaltseinkommen von 52.000 Euro, der Mietendeckel gilt für 25 Jahre. Amsterdam will im Rahmen eines "Aktionsplans" künftig pro Jahr rund 1.500 solcher Wohnungen errichten. "Endlich eine – wenn auch zahlenmäßig geringe – Lösung für Mieter, die durch den ,Dutch Case' keinerlei Zugang zu bezahlbarem Wohnraum mehr haben", freut sich Barbara Steenbergen von der International Union of Tenants (IUT). (mapu, 10.2.2018)