Die Regierungsparteien wollen das unter Rot-Schwarz paktierte Rauchverbot ab Mai diese Woche kippen.

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Wien – Werden FPÖ-Politiker und andere Rauchverbotsgegner dieser Tage zum "Don't smoke"-Volksbegehren befragt, führen sie zumeist eine drei Jahre alte "Petition" ins Treffen: "2015 gab es eine Initiative eines Gastronomen gegen das totale Rauchverbot, die auch insgesamt 500.000 Unterstützer sammelte. Rot-Schwarz negierte diese Petition völlig", erklärte etwa Vizekanzler Heinz-Christian Strache in einem Interview mit dem Boulevardblatt "Österreich" am Sonntag. Das Rauchverbotsvolksbegehren zählt derzeit mehr als 400.000 Unterstützer, eine halbe Million Rauchbefürworter wären ein beachtliches Gegengewicht. Was war das also für eine Initiative?

Beitrag aus der "ZiB" um 13 Uhr.
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Petition mit 643 Unterschriften

Sucht man im Archiv des Parlaments, findet man eine Petition der Freiheitlichen aus dem Jahr 2015 mit dem Titel "Nein zum absoluten Rauchverbot", mit der die Partei gegen die Pläne der damaligen Regierung mobilmachen wollte. In etwas mehr als vier Monaten konnten die Blauen dafür 643 Unterschriften sammeln, geht aus der Dokumentation hervor. Etwa zeitgleich engagierte sich aber auch der Gastronom Heinz Pollischansky gegen das geplante Rauchverbot – wie er sagt, wesentlich erfolgreicher.

Der Betreiber und Inhaber mehrerer Wirtshäuser in Wien verteilten Unterschriftenblätter an Gastronomen und Trafikanten in ganz Österreich. Auch Brauunternehmen halfen ihm bei der Verbreitung der Zettel. Im April 2015 hielt Pollischansky dann gemeinsam mit dem Obmann des Fachverbands Gastronomie der Wirtschaftskammer eine Pressekonferenz ab, bei der er ein Ergebnis seiner privaten Aktion präsentierte: 300.000 Unterzeichner gebe es, hieß es dort laut Nachrichtenagentur. "Danach wurden es noch viel mehr, schlussendlich waren es knapp unter 500.000 Unterschriften", sagt er heute auf STANDARD-Anfrage.

Übergabe an Wiener ÖVP

Belegen lässt sich diese Zahl nicht. Pollischansky habe die "Petition" damals dem ÖVP-Chef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner übergeben wollen – "der nahm sie aber nicht", erzählt der Gastronom. Also überreichte er einen Karton mit handschriftlich erfassten Unterstützern – "wir haben Name, Adresse, Datum und Unterschrift aufgenommen" – dem damaligen Landesgeschäftsführer der ÖVP Wien, Alfred Hoch. Der wollte sich auch darum kümmern – dazu kam es bloß nie.

Hoch, der nach eigenen Angaben die Initiative Pollischanskys begrüßt hatte, erinnert sich: "Das war ein Riesenberg an Zetteln, sicher einige hunderttausend Unterschriften." Er habe sich anschauen wollen, wer die Unterzeichner waren, doch den Karton vorerst einmal in den Keller der Wiener ÖVP geräumt, erklärt er heute. Im Oktober 2015 wurde Hoch dann abgelöst, seither hat er keine politische Funktion mehr inne. "Die ÖVP Wien ist danach übersiedelt, ich weiß nicht, was mit den Unterschriften passiert ist", sagt Hoch. Nachgezählt sei seitens der Volkspartei damals jedenfalls nicht worden.

Bei Umzug niemandem untergekommen

Auf Nachfrage in der Wiener ÖVP wird dort heute erklärt, dass keiner etwas von einem Karton mit Unterschriften wisse. Es wird ebenfalls auf den Umzug 2016 verwiesen – auch dabei sei er niemandem untergekommen.

Mitte Dezember 2017 initiierte Pollischansky dann noch einmal eine Aktion gegen das Rauchverbot, diesmal eine Onlinepetition auf der Plattform Open Petition. Bei ihrer Übergabe Mitte Jänner zählte sie 16.523 Unterstützer.

Der Wirt hat aber ohnehin auch die Regierung hinter sich: In einer Aussendung gaben die türkis-blauen Regierungskoordinatoren und Klubobleute Montagfrüh bekannt, dass die Verlängerung der derzeitigen Raucherregelung in der Gastronomie noch diese Woche im Parlament eingebracht werden soll. Welche Konsequenzen das "Don't smoke"-Volksbegehren haben wird, ließ man offen. ÖVP und FPÖ haben sich bereits in ihrem Regierungsprogramm – auf Drängen der Blauen – darauf festgelegt, das unter Rot-Schwarz paktierte Rauchverbot in der Gastronomie ab Mai zu kippen. In der Volkspartei gibt es jedoch weiterhin zahlreiche Befürworter des Verbots.

Van der Bellen sympathisiert mit Volksbegehren

Die Sozialdemokraten kündigten nun Protest im Parlament an. Die Neos wollen eine Volksbefragung beantragen. Auch Alexander Van der Bellen äußerte Sympathie für das "Don't smoke"-Volksbegehren: "Wenn ich nicht gerade Bundespräsident wäre, würde ich das unterschreiben." (Katharina Mittelstaedt, 26.2.2018)