Bradley Wiggins bringt das Sky-Team in die Bredouille. Er ist in seiner Rolle als Volksheld angezählt. Der Radstar und sein Team sollen eine "ethische Linie" überschritten haben.

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Haben Brailsford ...

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und Wiggins nicht wie Sirs agiert?

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Chris Froome muss mit seiner eigenen Salbutamol-Affäre kämpfen.

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London/Innsbruck/Wien – Sir Bradley Wiggins (37) ist traurig. Und er ist wütend darüber, "dass Anschuldigungen erhoben werden können, bei denen Leuten Dinge vorgeworfen werden, die sie nie getan haben, die aber als Fakten angesehen werden". Das britische Sportministerium unterstellt dem Profirad-Team Sky in einem Bericht, medizinische Ausnahmegenehmigungen (Therapeutic Use Exemptions, TUEs) missbraucht zu haben, um die Tour de France 2012 zu gewinnen. Konkret soll Wiggins unter Berufung auf eine Asthmaerkrankung auf dem Weg zum allerersten Toursieg eines Briten leistungssteigernde Kortikoide konsumiert haben.

Der Vorwurf ist nicht neu, aber brisant, da ihn eine Regierungsstelle gegen den geadelten, fünfmaligen Olympiasieger und Volkshelden erhebt. Bereits 2016 war nach einem Angriff russischer Hacker auf eine Datenbank der Welt-Anti-Dopingagentur (Wada) bekanntgeworden, dass Wiggins das Mittel Triamcinolon vor den Tourstarts 2011 und 2012 sowie dem Giro d' Italia 2013 gespritzt bekommen hatte – legitimiert durch Ausnahmegenehmigungen (TUEs), die der Weltverband (UCI) erteilte. In Wiggins' Biografie aus dem Jahr 2012 findet sich übrigens kein Hinweis auf eine Asthmaerkrankung.

Das anklagende Department for Digital, Culture, Media and Sport räumt ein, dass sich Sky und dessen Teammanager David Brailsford zwar keiner expliziten Verletzung des Anti-Doping-Codes Wada schuldig gemacht, aber "die ethische Linie" überschritten haben, die sich das Team einst selbst setzte. Die Mittel seien "nicht aus medizinischer Notwendigkeit" eingesetzt worden.

Das Team Sky und sein ebenfalls geadelter Manager Brailsford stehen wegen der Salbutamol-Affäre um den viermaligen Tour-de-France-Sieger Christopher Froome ohnehin seit geraumer Zeit unter Druck. Froome, der mit überhöhten Werten eines begrenzt zugelassenen Asthmamittels erwischt wurde, startet am Mittwoch beim Etappenrennen Tirreno-Adriatico. Sein Verfahren vor dem Anti-Doping-Tribunal der UCI ist anhängig.

Zuletzt stark im Gerede war das Problem der gehäuften Asthmadiagnosen bei Spitzensportlern während der Spiele in Pyeongchang. In Südkorea war der Österreicher Wolfgang Schobersberger im Auftrag des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) Vorsitzender jener Kommission, die die Rechtmäßigkeit von Ausnahmegenehmigungen zu prüfen hatte. Der 56-jährige Salzburger, Direktor des Instituts für Sport-, Alpinmedizin und Gesundheitstourismus der Tirol-Kliniken, geht davon aus, dass jenen, die sich um eine Ausnahmegenehmigung bemühen, in der Regel nicht an illegaler Stärkung gelegen ist.

Die häufig kritisierte Verwendung von Asthmasprays sieht Schobersberger gelassener. "Es gibt Untersuchungen, dass Sprays bei einer grundsätzlich gesunden Lunge die Leistungsfähigkeit nicht verbessern." Ihre Verwendung ganz ohne medizinische Indikation sei allerdings als Medikamentenmissbrauch zu bewerten. "Da muss man strikt dagegen sein", sagte Schobersberger dem STANDARD. Zumindest im Zusammenhang mit Olympia sei die Ablehnung einer Ausnahmegenehmigung selten, "weil die Teamärzte genau instruiert werden, was es für deren Ausstellung bedarf. Es gibt Einweisungen per E-Learning und Prüfungen."

Wiggins betont die Rechtmäßigkeit seiner TUEs: "Ich weise die Behauptung entschieden zurück, jegliches Medikament ohne medizinische Notwendigkeit eingenommen zu haben." (sid, lü, 5.3.2018)