Schreibworkshops werden mittlerweile nicht mehr auf Schreibmaschinen abgehandelt.

Foto: Heribert Corn

Viele angehende Schriftsteller und Schriftstellerinnen nützen das Angebot an Schreibkursen, um ihre Projekte voranzutreiben, sich praktische Tipps und Tricks oder Feedback zu holen. Dabei reicht das Angebot von einwöchigen Kursen mit Bodo Kirchhoff am Gardasee um knapp 2.000 Euro über ein viertägiges Schreibseminar um rund 250 Euro in der Schreibwerkstatt Waldviertel bis hin zu Lehrgängen, die sich über mehrere Semester erstrecken und mit einem akademischen Grad abgeschlossen werden können.

Das Ende vom romantischen Geniegedanken

Die Websites der Schreibwerkstätten versprechen hier Unterschiedliches: Häufig richten sie sich an Menschen, deren Sehnsucht es schon immer war, ein Buch zu veröffentlichen oder lange gehütete Ideen endlich "aus der Schublade zu holen". Oft suggerieren diese Kurse ein scheinbar einfaches Rezept, um den Traum vom eigenen Roman durch zielgruppenspezifische Kurse wie "Romanwerkstatt" oder "Kompaktkurs kreatives Schreiben" verwirklichen zu können. Wie gesagt: Die Bandbreite der Angebote ist groß und die Qualität der Kurse unterschiedlich.

Lernen von Profis

Wer könnte das Handwerk eines Schriftstellers besser vermitteln als ein Schriftsteller oder eine Schriftstellerinnen? An der Erfahrung der Lehrenden ist auch die Qualität von Schreibkursen erkennbar, ist etwa die Autorin Bettina Balàka überzeugt, die ihr Wissen in der Schreibwerkstatt Waldviertel, in der Leondinger Akademie für Literatur und beim Berufsverband Österreichischer SchreibpädagogInnen (BOeS) weitergibt. "Ob jemand, der zum Beispiel Romanschreiben anbietet, aber selbst noch nie einen Roman veröffentlicht hat, wirklich Hilfestellungen leisten kann, ist fraglich. Kurse, die Bestseller versprechen, disqualifizieren sich von selbst", so Balàka.

Schriftsteller Doron Rabinovici ("Die Außerirdischen", Suhrkamp) steht dieses Jahr auf dem Programm für ein Seminar in der Schreibwerkstatt Waldviertel, genauso wie Anna Weidenholzer (ihr Roman "Der Winter tut den Fischen gut" ist zurzeit als Bühnenfassung der Theater-IG Fokus zu sehen). Ans Schreiben nach Bauplan glaubt Weidenholzer nicht. Trotzdem sei es wichtig zu wissen, was nicht funktioniert.

Die Regeln kennen, um sie brechen zu können

Aber kann man Schreiben denn überhaupt lernen? Verleger Bernhard Salomon (Edition a) ist überzeugt: "Es gibt definitiv Regeln beim Schreiben, die alle professionellen Autoren, oft unbewusst, kennen und befolgen. Kein Mensch würde denken, dass er eine Oper komponieren kann, ohne die Tonleiter zu kennen, genau dieser Gedanke ist aber beim Schreiben, zumal in Österreich, verbreitet." Oft wird aber vergessen, dass man die Regeln vorher kennen muss, um sie brechen zu können, weiß auch Rabinovici. Davon, dass man Teilaspekte des Schreibens – zum Beispiel Dramaturgie, Plotentwicklung und Stilistik – lehren kann, ist auch Balàka überzeugt.

Marlen Schachinger, künstlerische Leiterin des Instituts für Narrative Kunst Niederösterreich (INK), ist selbst Autorin und unterrichtet literarisches Schreiben. Schon in ihrer Dissertation kam sie zur Erkenntnis, dass die Modi des Lehrens sich nicht von denen unterscheiden, die seit jeher von Literaten und Literatinnen zur Entwicklung ihrer Kunstfertigkeit verwendet wurden: "Lektüre als Alpha und Omega, Reflexion über Gelesenes und Analyse desselbigen. Keinesfalls jedoch ist – im herkömmlichen Sinn des Wortes – eine Begabung für Sprachkunst zu lehren." Schachinger sieht den Vorteil von Schreibkursen darin, dass sich Autoren jahrelange autodidaktische Selbstversuche sparen können. Was einst dem Organisationstalent des Einzelnen oblag, findet heute – unserem Zeitgeist geschuldet – in konzentrierter Form in Studiengängen statt. Zudem sei jedes Institut ein Netzwerk an Kontakten.

Motor für den Literaturbetrieb

Was ist aber die eigentliche Rolle von Schreibschulen im Literaturbetrieb, und wie reagieren Verlage auf "ausgebildete" Schriftsteller? Verleger Bernhard Salomon zufolge gibt es nationale Unterschiede, was die Rolle von Schreibwerkstätten und -schulen in der Literaturvermittlung anbelangt: "Die Deutschen beherrschen eher die Regeln, besonders in der Dramaturgie, ihnen fehlt aber Sensibilität und Kreativität. Bei den Österreichern ist es genau umgekehrt." Der amerikanische Sprachraum würde im Gegensatz zu hiesigen Workshops zeigen, dass professionelle Schreibschulen ein Motor für den Literaturbetrieb eines Kulturkreises sein können. Schachinger beschreibt die Einstellung der Verleger zu Schreibschulen als "skeptisch, abwartend und distanziert".

Im Endeffekt zählt aber die Qualität des eingereichten Manuskripts. Petra Piuk (Debütroman "Lucy fliegt", Kremayr & Scheriau) oder Tanja Paar ("Die Unversehrten", Haymon) sind Beispiele für erfolgreiche Absolventinnen der Schreibschule Leonding. Die Schriftstellerinnen Bettina Balàka, Anna Weidenholzer und Cornelia Travnicek haben an Schreibwerkstätten (Erstere zum Beispiel bei Workshops des Drehbuchforums von Gustav Ernst) teilgenommen und davon viel mitgenommen, wie sie berichten. Schreibwerkstätten sollen den Teilnehmern jedoch primär die Möglichkeit bieten, zum Schreiben jenseits des Marktes zu finden, anstatt dem Literaturbetrieb rasch neue Talente zu offerieren, so Rabinovicis Meinung zum Thema.

Kein Hungertod!

"How to not die of hunger just because you're pursuing a career in writing" – eine Lehrveranstaltung mit dieser Beschreibung findet sich im Curriculum des Studiengangs Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Cornelia Travnicek (zuletzt "Parablüh", Limbus-Preziosen) versucht in diesem Kurs gemeinsam mit Didi Drobna ("Zwischen Schaumstoff", Edition Exil) Wissen zum Literaturbetrieb zu vermitteln. Obwohl Travnicek überzeugt ist, dass Teilaspekte des literarischen Schreibens durchaus trainiert werden können, geht es bei dieser Veranstaltung dezidiert um das "Rundherum des Schreibens", mit Schlagwörtern wie Steuern, Verträge oder Kommunikation mit Auftraggebern. Die Motivation für diesen Kurs komme vom eigenen Unwissen, das im Laufe der Jahre immer wieder zu Unklarheiten, Fehlschlägen oder sogar Strafzahlungen geführt hat.

Literarisches Schreiben studieren

"Im Unterschied zur Dichtkunst bezweifelt niemand, Malerei könne unterrichtet werden. Bei der Literatur wird hingegen befürchtet, Kunst verkomme zum Handwerk", stellt Rabinivici fest. In Österreich ist es erst seit 2009 möglich, mit dem Bachelor-Studiengang Sprachkunst diese Sparte der Kunst zu studieren. Im Vergleich zu Deutschland eine verzögerte Entwicklung: Das Deutsche Literaturinstitut Leipzig ist wohl das bekannteste Beispiel für eine akademische Ausbildung zum literarischen Schreiben, die es den Studierenden ermöglicht, den Studiengang mit einem Master-of-Arts-Titel abzuschließen. Eine akademische Ausbildung für angehende Schriftsteller ist in Deutschland auch in Berlin, Konstanz, München, Hildesheim oder als Fernstudium möglich, wobei der Trend ursprünglich aus dem anglophonen Sprachraum kommt.

Am Curriculum für den Master-Abschluss werde momentan gearbeitet, informiert Ferdinand Schmatz, Leiter des Instituts für Sprachkunst in Wien. Das Besondere am Wiener Studiengang im internationalen Vergleich sei die Kooperation mit anderen Künsten, die durch die Eingliederung in die Universität für angewandte Kunst möglich ist. Die Ursache für die Gründung des Studiengangs waren kulturpolitische Bewegungen innerhalb junger Schreibender. Dass es tatsächlich Bedarf an dieser Art der Ausbildung gibt, zeigen die rund 220 Bewerbungen pro Semester, von denen 15 Studierende aufgenommen werden. Schreiben lernen sei nicht das Ziel des Studiums, so Schmatz. Vielmehr Beratung und Verstärkung von Talenten, die bereits vorhanden sind, ohne Ausrichtung auf eine ideologisierte Literaturrichtung.

Studierende der Sprachkunst und ihre Ziele

Anna Maschik und Tizian Rupp stehen am Anfang ihres Studiums der Sprachkunst. Anna ist bereits Herausgeberin des Magazins "Gehirnsturm", Gewinnerin eines Stipendiums für Nachwuchsreisejournalisten und sucht nun Feedback zu ihren Texten. Für Tizian ist der Studiengang ein möglicher Weg, sein Schreiben zu verbessern, wobei für ihn gilt (so abgedroschen das für ihn auch klingt): Der Weg ist das Ziel. Ein nicht unwesentlicher Aspekt der Ausbildung eint die beiden – und vermutlich viele angehende Schriftsteller: "Dieser Hauch von Verpflichtung, damit man sich endlich hinsetzt und schreibt, schreibt, schreibt …" (Hannah Mühlparzer, 17.3.2018)