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In den kommenden Monaten soll ein Rechtsgutachten erstellt und zudem erhoben werden, wie viele kleine Mädchen tatsächlich ein Kopftuch tragen.

Foto: (AP Photo/Michael Probst

Wien – Das Kopftuchverbot an Kindergärten und Volksschulen ist fix. Bildungsminister Heinz Faßmann wird bis Anfang der Sommerferien ein "Kinderschutzgesetz" ausarbeiten lassen – den Auftrag dazu hätten er und Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (beide ÖVP) von Kanzler und Vizekanzler erhalten, sagte Faßmann am Rande des Ministerrats am Mittwoch.

Beitrag aus der ZiB um 13 Uhr.
ORF

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte, er hoffe auf die Zustimmung der SPÖ – denn es werden neue Verfassungsbestimmungen benötigt, die im Parlament einer Zweidrittelmehrheit bedürfen. Diese könnte auch durch die Neos gewährleistet werden; beide Parteien zeigten sich am Mittwoch grundsätzlich gesprächsbereit, fordern aber eine breiter aufgestellte Debatte über Integration. Außerdem plädieren die Neos zu Vorsicht bei Kleidungsvorschriften.

"Die SPÖ lehnt es ab, wenn Mädchen im Kindergarten und der Volksschule Kopftuch tragen", sagte SP-Chef Christian Kern. Aber: "Reale Probleme brauchen konkrete Lösungen, Einzelmaßnahmen alleine lösen nur wenig." Kern erinnert außerdem daran, dass der aktuelle Kanzler Kurz als Integrationsstaatssekretär noch gefordert hatte, die Integrationsdebatte "nicht auf plumpe Botschaften wie 'Kopftuch ja oder nein'" einzuschränken.

SPÖ stellt Bedingungen

Kern fordert daher ein umfassendes "Integrationspaket" und verlangt von der Regierung, auf Kürzungen bei Integrationsmaßnahmen im Bildungsbereich und beim Integrationsjahr zu verzichten. Außerdem will die SPÖ ein zweites Gratiskindergartenjahr und einen Ausbau der Ganztagsschulen mit kostenlosem Essen und Freizeitangebot bis 2025.. Auch der Wiener Integrations- und Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) hält nichts von einem Kopftuchverbot in Kindergärten und Volksschulen als "symbolische Einzelmaßnahme". Er forderte am Mittwoch im Gespräch mit der APA ebenso wie SPÖ-Landesparteisekretärin Barbara Novak ein "umfassendes Gesamtpaket" zum Thema Integration. Dann könne man über ein Verbot sprechen.

Etwas skeptischer reagiert Neos-Chef Matthias Strolz auf den Vorstoß der Regierung: "Mit Bekleidungsvorschriften und -verboten müssen wir in einer liberalen Demokratie immer vorsichtig sein." Den Entwurf der Regierung will er sich dennoch "anschauen". Weder dürfe es den Zwang zum Kopftuch, noch Mobbing gegen Kopftuchträgerinnen geben.

Nur Kindergärten und Volksschulen betroffen

Betreffen soll das Verbot lediglich Kindergärten und Volksschulen, ein Verbot in der Mittelstufe sei "heikel": Viele islamische Gelehrte würden eine Verschleierung ab der Geschlechtsreife empfehlen, ein Verbot käme also in Konflikt mit dem Recht auf freie Religionsausübung.

Allerdings ist umstritten, ob das Problem an Kindergärten überhaupt besteht, wie einer Aussendung der SPÖ-nahen Kinderfreunde zu entnehmen ist: "Die Wiener Kinderfreunde führen 156 elementare Bildungseinrichtungen und hatten bisher noch keinen Anlassfall, um über ein Kopftuchverbot nachdenken zu müssen", berichtet dort Christian Morawek, Geschäftsführer der Wiener Kinderfreunde: "Prinzipiell würde ein Kopftuchverbot im Kindergarten kein Integrationsproblem lösen, sondern dazu führen, dass strenggläubige Eltern ihre Kinder aus dem Kindergarten nehmen, was zum Nachteil des Kindes im Hinblick auf seine Integration und Entwicklung wäre. "

Welche Sanktionen man bei Verstößen vorsehen werde, will Faßmann nicht sagen. Bevor man darüber spreche, sei es wichtig, erst einmal die Islamische Glaubensgemeinschaft zu überzeugen.

Rechtsgutachten in Auftrag gegeben

In den kommenden Monaten werde er ein Rechtsgutachten erstellen lassen, zudem lasse er erheben, wie viele kleine Mädchen tatsächlich ein Kopftuch tragen. Sollte dabei herauskommen, dass es nur ganz wenige sind, ändere das aber nichts am Entschluss, das Gesetz auf den Weg zu bringen, sagt der Minister. Das Verbot sei schließlich vor allem eine "symbolische Handlung".

"Durchaus etwas anfangen" kann der Vorsitzende der Pflichtschullehrergewerkschaft, Paul Kimberger, mit einem Kopftuchverbot. "Im Sinne der Kinder und der Liberalität können wir in den Schulen – und zwar bei Lehrerinnen und bei Schülerinnen – gern auf das Kopftuch verzichten", sagt Kimberger in der "Presse".

Kimberger würde dieses sogar auf Zehn- bis 14-Jährige ausdehnen. Probleme mit kopftuchtragenden Schülerinnen habe es bisher allerdings nicht gegeben, räumt er ein. Ausnahme sei der Turnunterricht, wobei auch hier alles "meist eine Frage der Kommunikation" sei.

"Grundsätzlich nichts " von einem Kopftuchverbot hält dagegen Gemeindebundpräsident Alfred Riedl. "Und wir diskutieren ein großstädtisches Problem, als hätten wir es im ganzen Land. Wir in den Gemeinden haben dieses Problem einfach nicht." (sterk, APA, 4.4.2018)