Nach Matthias Strolz, der vergangene Woche seinen Rücktritt als Parteichef angekündigt hat, zieht sich eine weitere Person aus dem Führungskreis der Neos zurück: Die EU-Abgeordnete Angelika Mlinar erklärte am Freitag ihren Parteifreunden in einer E-Mail, dass sie nicht mehr als Spitzenkandidatin für die EU-Wahl im kommenden Jahr kandidieren werde und auch nicht mehr als stellvertretende Parteichefin bei den Neos zur Verfügung stehen werde. Im Interview mit dem STANDARD beklagt sie die mangelnde Unterstützung durch die Partei.

Mlinar war die letzte Bundessprecherin des Liberalen Forums, 2013 ging sie mit Strolz eine Allianz ein und war an der Gründung der Neos, die offiziell "Neos – Neues Österreich und Liberales Forum" heißen, beteiligt. Als eigenständige Partei löste sich das Liberale Forum auf. Die Fusion zwischen Neos und LIF war eine der Bedingungen für die finanzielle Unterstützung durch den Industriellen Hans Peter Haselsteiner, der früher selbst Abgeordneter des Liberalen Forums war.

Angelika Mlinar in einst inniger Umarmung mit Matthias Strolz. Im Hintergrund freut sich Heide Schmidt über die gelungene Allianz zwischen Liberalem Forum und Neos.
Foto: APA/Hochmuth

Mlinar wurde 2013 Nationalratsabgeordnete, im Jahr darauf auch stellvertretende Parteivorsitzende der Neos. Seit 2014 ist die Kärntner Slowenin EU-Abgeordnete.

Suche nach bekanntem Gesicht

In den vergangenen Wochen war auf Mlinar offenbar Druck ausgeübt worden, auf eine Spitzenkandidatur bei der im nächsten Jahr anstehenden EU-Wahl zu verzichten. Die Neos seien auf der Suche nach einem bekannten Gesicht außerhalb der Partei, das ein gutes Wahlergebnis garantieren könne. Eine Allianz mit dem ÖVP-Abgeordneten Othmar Karas, der mit seiner eigenen Partei zeitweise über Kreuz ist, wurde ebenfalls schon diskutiert.

Im STANDARD-Interview beklagt Mlinar, dass sie innerhalb ihrer eigenen Partei zu wenig Unterstützung habe. Die Schuld sucht sie auch bei sich selbst. Sie sei keine gute Parteipolitikerin in dem Sinne, dass sie sich ausreichend um Netzwerke und Seilschaften gekümmert habe. Sie selbst sagt, sie sei zu unbequem, zu unabhängig und zu unkontrolliert. "Diese Eigenständigkeit kommt nicht immer gut an. Da haben die Neos andere Vorstellungen."

Konflikte mit Strolz

Im Jänner vergangenen Jahres wäre Mlinar bei ihrer Wiederwahl zur stellvertretenden Parteichefin fast gescheitert, sie schaffte erst im dritten Wahlgang den Sprung in den Parteivorstand. Mit Matthias Strolz gab es zuletzt zunehmend Konflikte über die inhaltliche Ausrichtung der Partei. Dessen Warnung vor einem Bürgerkrieg als Konsequenz der Auseinandersetzung mit dem Islam lehnte Mlinar strikt ab. "Ich gehe nicht naiv durch die Welt", sagt sie im Interview, "aber das widerspricht vollkommen dem, wofür ich als Politikerin stehe."

Parteichef Matthias Strolz mit seinen beiden Stellvertreterinnen Beate Meinl-Reisinger, die bald den Vorsitz übernehmen wird, und Angelika Mlinar, die sich aus dem Vorstand zurückziehen wird.
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Mit Strolz war Mlinar bereits 2016 in Konflikt geraten, als dieser mit Sebastian Kurz über eine gemeinsame Wahlplattform verhandelte. Mlinar und Beate Meinl-Reisinger hatten sich vehement gegen eine solche Allianz gewehrt, auch weil Kurz damals eine Koalition mit der FPÖ nicht ausschließen wollte. "Das hätte unsere Bewegung in die Luft gesprengt", sagt Mlinar heute. Letztendlich hatten sich die Pläne einer Allianz zwischen Kurz und den Neos aber ohnedies zerschlagen. Die Neos suchten stattdessen eine Allianz mit der ehemaligen Höchstrichterin und Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss, die mittlerweile als unabhängige Kandidatin in den Reihen der Neos im Nationalrat sitzt.

Mlinar ist derzeit noch Präsidentin der Parteiakademie Neos Lab. Ihr Rückzug aus den Parteigremien der Neos würde dazu führen, die Spuren des Liberalen Forums weitgehend zu verwischen. Heide Schmidt, die das Liberale Forum 1993 mit vier weiteren aus der FPÖ ausgetretenen Abgeordneten gegründet hatte, ist seit 2014 immerhin Mitglied bei den Neos und unterstützt diese ebenso wie Haselsteiner, dem eine liberale Bewegung in Österreich wichtig ist. (Michael Völker, 18.5.2018)

Update: Die Erwähnung von ORF-Moderator Armin Wolf war in Zusammenhang mit einem neuen, prominenten Gesicht für die Neos missverständlich formuliert, die entsprechende Passage wurde daher korrigiert.