Frage: Meine Tochter ist zehn Jahre alt und verwendet WhatsApp, um mit ihren Freundinnen zu schreiben, aber auch mit mir. Darf mein Kind WhatsApp überhaupt noch nutzen?

Antwort: Ja, das wurden wir in den letzten Wochen unzählige Male gefragt, interessanterweise eher selten von Eltern. Vermutlich wissen viele nicht, dass ihr Kind den neuen Nutzungsbedingungen samt dem "Ja, ich bin 16 Jahren alt"-Button zugestimmt hat. Wir können wohl davon ausgehen, dass es in Österreich viele WhatsApp-über-16-Jährige gibt, die vor dem 25. Mai noch 10, 11 oder auch 13 Jahre alt waren.

In der Tat ist es ja auch keine einfache Entscheidung für uns Eltern. Erlaube ich die – für den Familienalltag oft schon unerlässliche Form der Kommunikation – nun nicht mehr? Zwinge ich mein Kind, sich von der Plattform zurückzuziehen, die all seine Freunde und Kontakte nutzen? Wie wird mein Kind die aktuellen Hausaufgaben mit Klassenkollegen besprechen? Viele Eltern haben wohl deshalb erlaubt, dass ihr Kind WhatsApp weiter nützt, auch wenn es noch nicht 16 Jahre alt ist.

Soll ich meinem Kind die App verbieten?
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Warum dieses Alter mit 16 Jahren?

Zum Hintergrund, warum WhatsApp ein Mindestalter von 16 Jahren vorgibt: Laut der neuen Datenschutzgrundverordnung, die seit 25. Mai gilt, dürfen Firmen keine Daten von Kindern ohne rechtliche Grundlage – wie beispielsweise der Zustimmung – mehr verarbeiten und speichern. Die Altersgrenze für eine Einwilligung eines Kindes ist in europäischen Ländern unterschiedlich, in Österreich ist es zum Beispiel 14 Jahre, in Irland sind es 16 Jahre. Diese rechtliche Bestimmung zielt also auf Firmen und den Umgang mit der Daten ab und hat nicht das Ziel, Kinder zu kriminalisieren.

Gibt es Alternativen?

Wir erleben bei Workshops, dass wir Alternativen zu WhatsApp vorstellen (Signal, Threema oder Telegram), aber dies in der Praxis auf wenig Gegenliebe beziehungsweise Interesse trifft – bei Kindern und Jugendlichen wie auch bei Eltern. Im Moment wirken die meisten zufrieden und haben sich an WhatsApp gewöhnt. Irgendwann wird wohl die nächste App mit größerer Beliebtheit folgen. 

In einem "Frag Barbara!"-Video thematisieren wir derzeit eine WhatsApp-Kontaktnummer, an die Kinder ihre grauslichen und bedrohlichen Kettenbriefe weiterschicken können. Warum tun wir das, wenn WhatsApp doch erst ab 16 Jahren erlaubt ist? Wir können als Präventionseinrichtung Kinder am besten über die von ihnen genutzten Kanäle erreichen. Wollen wir also Kinder beim Umgang mit für sie verunsichernden Inhalten wie Kettenbriefe unterstützen, müssen wir die rechtlich bedenkliche Situation in Kauf nehmen.

Was können Eltern tun?

Für Eltern heißt es nun abzuwägen: Erlauben oder nicht erlauben. Für das Erlauben spricht:

  • Die Familien-, Freundskreis- und Schulkommunikation ist in WhatsApp gut eingespielt und spielt im Alltag eine wichtige Rolle.
  • Eine Umstellung wäre mühsam oder nicht zu bewerkstelligen, da manche Personen keine neue App lernen können oder wollen.
  • Die Freunde der Kinder sind nicht dazu zu bewegen, eine Alternative auszuprobieren.
  • Die Altersgrenze 14 oder 16 Jahre gilt im Prinzip in allen Apps und Kommunikationstools.

Für das Wechseln auf eine andere Plattform spricht:

  • WhatsApp liest die Kontakte aus den Telefonbüchern aus, speichert diese und gibt sie auch an Facebook weiter, ohne dass alle betroffenen Personen ihre Zustimmung gegeben haben.
  • Eine neue Plattform kann helfen, die bestehenden Regeln und informellen Verhaltensweise im Umgang miteinander zu überprüfen oder zumindest zu besprechen.
  • Ein neuer Start bedeutet gleichzeitig ein "digitales Aufräumen", denn im Lauf der Zeit sammeln sich viele Gruppen oder Kontakte an, die längst nicht mehr aktiv sind. Vor allem bei Kindern geht das rasch.

Wie auch immer Sie sich entscheiden, es ist sinnvoll dies mit Ihrem Kind zu besprechen und abzuwägen. Vergessen Sie nicht, wie wichtig während der nun kommenden Sommerferien soziale Medien für ein Kind sein können. Neun Wochen sind eine lange Zeit, in der Kinder den Kontakt mit ihren Freunden oft brauchen. (Barbara Buchegger, 8.6.2018)

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