Wie am besten Deutsch gelernt wird, bleibt weiter umstritten. In den Bundesländern wird der Bedarf höchst unterschiedlich beziffert.

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Wien – Drei soll es im Burgenland geben, 27 in Salzburg und acht in Vorarlberg: Das sind jene Zahlen, die dem Bildungsministerium bis Mittwochvormittag an voraussichtlichem Bedarf an Deutschförderklassen gemeldet wurden.

Jetzt ist die Steiermark dazugekommen. Dort rechnet man derzeit mit 81 derartigen Klassen und geht davon aus, dass diese mehrheitlich in Graz eingerichtet werden. Auch hier gibt es, wie bei den anderen Ländern, eine Kluft zwischen Prognose und Bedarf. Anvisiert worden waren nämlich 158 Klassen. In Vorarlberg ging man von 79 und in Salzburg von 93 aus.

Wie ist diese Differenz erklärbar? In der Steiermark argumentiert man, nach der Prognose hätten sich die Parameter geändert. Anstelle von sechs Kindern für eine Klasse waren es dann acht – und: Betroffen sind nur noch Erstklässler und Neueinsteiger ohne genügend Deutschkenntnisse.

Ländliche Struktur

Im Burgenland will man immer schon von drei Deutschförderklassen ausgegangen sein. Die geringe Anzahl erklärt Bildungsdirektor Heinz Zitz mit der ländlichen Struktur und dem Umgang seines Bundeslandes mit der Unterbringung von Flüchtlingsfamilien. Diese sei von Anfang an dezentral erfolgt, "daher haben wir auch maximal ein bis zwei Flüchtlingskinder pro Klasse". Die Salzburger bestreiten die kolportierte Prognose von 93 Deutschklassen, man sei immer von maximal 30 ausgegangen.

In Linz hat man noch keine genauen Zahlen darüber, wie viele Deutschförderklassen man im Herbst eröffnen wird. Wenn es nach Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer (ÖVP) geht, am besten gar keine. Enzenhofer hält nämlich nichts von den Plänen des Bildungsministeriums: "Das haben Leute gemacht, die von der Praxis keine Ahnung haben", glaubt er. "Ich habe meinen Pflichtschulinspektoren die Anweisung gegeben, im kommenden Schuljahr genau so weiterzumachen wie im heurigen – wenn das formal dann in einer eigenen Klasse stattfinden soll, dann soll es so sein." Und wenn nicht? Man könne ja die Förderung eines Kindes nicht davon abhängig machen, ob es sieben andere gibt, die für den Unterricht in einer separaten Klasse laut Gesetz nötig sind.

Keine Rücksicht

Enzenhofer: "Ich halte nichts von diesem simplen Ansatz, Kinder einfach wie Schachfiguren herumzuschieben." Auch dass Sprache das einzige Kriterium für die Sonderbehandlung sei, missfällt ihm: "Stellen Sie sich vor, Ihr Kind ist hochbegabt und landet nur wegen mangelhafter Sprachkenntnisse in einer Extraklasse!" Auf das Individuum werde keine Rücksicht genommen – etwa darauf, ob ein Kind aus einer bildungsnahen oder -fernen Familie komme, welche Unterstützung ihm zuteilwerde, welche Lernbegeisterung es mitbringe. (Peter Mayr, Karin Riss, 22.6.2018)