Die Zeit läuft. Am Donnerstag soll das neue Arbeitszeitgesetz nach dem Willen der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ vom Nationalrat beschlossen werden.

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Wiewohl das von der ÖVP-FPÖ-Regierung vorgesehene neue Arbeitszeitgesetz umstritten ist und von der Opposition bekämpft wird, sind bei der am Donnerstag geplanten Abstimmung im wesentlichen nur zwei Abänderungsanträge vorgesehen: einer der Regierungsparteien, der eine Freiwilligkeitsgarantie für die elfte und zwölfte Arbeitsstunde am Tag vorsieht, Präzisierungen zur Gleitzeit und Zusicherungen, dass es bei Ablehnung von Überstunden zu keiner Benachteiligung der Betroffenen bei Bezahlung, Aufstiegsmöglichkeiten oder Versetzung kommen darf, enthält.

Der zweite Änderungsantrag kommt von den Neos und zielt auf notwendige Präzisierungen hinsichtlich der sogenannten Vollausnahmen für leitende Angestellte und Gleitzeitregelungen ab. Die Ausnahmen gehen den Neos nämlich schlicht zu weit. So sollen Führungskräfte der dritten Ebene künftig auch von den Arbeitszeitregelungen ausgenommen sein. "Das geht zu weit", sagt Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker, "die dritte Ebene ist in einem durchschnittlichen Mittelbetrieb bereits der Teamleiter mit drei bis fünf Mitarbeitern, aber ohne wesentliche Entscheidungsbefugnisse oder gar Prokura". Bis ausjudiziert sei, wer tatsächlich eine echte Führungskraft sei, dauere es gut fünf Jahre, bis dahin walte in den Unternehmen große Unsicherheit, kritisiert Loacker. Daher müsse das "handwerklich schlecht gemachte" Arbeitszeitflexibilisierungsgesetz dringend repariert werden, mahnten er und Noch-Klubchef Matthias Strolz.

Vereinbarung über Gleitzeit

Beseitigen wollen die Pinken, die mehr auf betrieblicher Ebene regeln wollen statt per Gesetz, auch Ungleichbehandlungen. So brauche ein Betrieb für eine Gleitzeitregelung auch künftig eine Betriebsvereinbarung, für Schichtarbeit aber nicht. Neos-Mandatar Loacker ortet hier ebenso einen "Wertungswiderspruch" wie beim geblockten Zeitausgleichkonsum (Gleittage), der auch an eine Gleitzeitbetriebsvereinbarung gekoppelt sei. Es sei nicht einzusehen, warum es in Branchen wie Handel und Tourismus nur die Wahl zwischen Zuschlägen in Geld oder Zeit gebe, kritisiert Loacker, dem das neue Regime grundsätzlich widerstrebt, weil der Arbeitgeber einseitig Zwölfstundentage vorschreiben kann und der Arbeitnehmer einseitig widersprechen muss.

Wer von der größten Oppositionspartei doch noch einen Abänderungsantrag erwartet hatte, wird enttäuscht. Die Sozialdemokraten bringen keinen ein. Man fange nicht an, "an einem schlechten Gesetz herumzudoktern", das lohne nicht, heißt es im Büro des geschäftsführenden SPÖ-Klubobmanns Andreas Schieder. Die dringend notwendige grundlegende Überarbeitung des Konvoluts sei in der kurzen Zeit schlicht nicht möglich. Selbst von einem Antrag auf Zurückweisung vom Wirtschaftsausschuss in den eigentlich für Materien des Sozialministeriums zuständigen Wirtschaftsausschuss nehmen die Sozialdemokraten Abstand.

Antrag auf Volksabstimmung

Stattdessen ist ein Antrag auf Volksabstimmung über das umstrittene Gesetz geplant – wie auch von der Liste Pilz. Ein solcher kann freilich erst nach Beschluss des Gesetzes im Nationalrat eingebracht werden – bevor das aus Arbeitszeit-, Arbeitsruhe- und Allgemeinem Sozialversicherungsgesetz bestehende Konvolut dem Bundespräsidenten zur Unterschrift vorgelegt wird. Den Vorwurf, man vergebe damit jede Chance auf Verbesserung, quittiert ein hochrangiger Gewerkschaftsfunktionär so: "Es ist ein Dilemma." Seitens der Regierungsparteien sei kein weiterer Abänderungsantrag mehr geplant, sagten die Klubchefs von FPÖ und ÖVP, Walter Rosenkranz und August Wöginger. Der vorliegende sei "sehr weitreichend".

Hofer hofft auf Volksbegehren

Werde eine Volksabstimmung durch die Regierungsmehrheit verhindert, will die SPÖ mit zivilgesellschaftlichen Gruppen und der Gewerkschaft ein Volksbegehren organisieren.

FPÖ-Vizeobmann Norbert Hofer hofft indes darauf, dass die SPÖ dieses Volksbegehren initiiert, denn er rechnet mit einer Zustimmung zur Flexibilisierung. Hofer zeigte sich überzeugt, dass sich, sobald die Arbeitszeitflexibilisierung in Kraft ist, zeigen wird, dass Ängste geschürt wurden, die nicht der Realität entsprechen. "Ich ersuche die SPÖ dringend, das (Volksbegehren, Anm.) durchzuführen." Er sei sich sicher, dass man dabei rasch erkennen werde, dass die Arbeitnehmer dieses nicht unterstützen.

Betriebsvereinbarungen strittig

Strittig bleibt, wie es mit bestehenden Betriebsvereinbarungen (BV) weitergeht. Die bisherigen "notwendigen" BV, mit denen die Arbeitszeitobergrenze um die elfte und zwölfte Stunde angehoben und Überstundenabgeltung geregelt sind, braucht es künftig nicht mehr. Sie werden wohl gekündigt werden oder laufen aus, neue können nicht mehr abgeschlossen werden. In "unechten" oder "freien" BV geregelte Bestimmungen, etwa zur Bezahlung, können in Einzelverträge aufgenommen werden. (Luise Ungerboeck, 3.7.2018)