Wien – Der für Tierschutz zuständige niederösterreichische Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) hat Kritik an der Einschränkung von Schächtungen neuerlich zurückgewiesen. Waldhäusl betonte am Donnerstag, dass er umsetze, was unter seinem SPÖ-Vorgänger Maurice Androsch begonnen worden sei. Androsch wies diese Darstellung allerdings zurück. Scharfer Tadel kam von Oskar Deutsch, dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG). Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) kündigte am Mittwoch an, dass es zu keiner Registrierung von Abnehmern kommen werde.

Schächten ist laut Tierschutzgesetz nur unter bestimmten Auflagen erlaubt. Der damalige Landesrat Androsch (SPÖ) hatte im September 2017 in einem Informationsschreiben über rituelle Schlachtungen – damit ist Schlachten ohne Betäubung vor dem Blutentzug gemeint – festgehalten, dass die Prüfung zwingender religiöser Gründe immer auf den Einzelfall und eine konkrete Person bezogen erfolgen müsse. Die Info ging damals an die Veterinärabteilungen der Magistrate und die Bezirkshauptmannschaften.

Am 5. Juli 2018 – zu diesem Zeitpunkt war Waldhäusl zuständiger Landesrat – verfasste die Naturschutzabteilung des Landes ein Schreiben an die IKG und wies darauf hin, dass religiöse Gründe bei Schächtungen nur für konkrete Personen gelten gemacht werden könnten. Als möglichen Nachweis der Zugehörigkeit zu anerkannten Religionsgemeinschaften führte die Naturschutzabteilung Auszüge aus Mitgliederverzeichnissen, offizielle Dokumente oder ähnliche Unterlagen an.

IKG und IGGÖ empört

Die Israelitischen Kultusgemeinde interpretierte dieses Schreiben so, dass Schlachthöfe und koschere Verkaufsstellen künftig Listen ihrer Kunden führen müssen. Nach ersten Medienberichten folgte ein Sturm der Entrüstung, auch israelische Medien berichteten über die Pläne in Niederösterreich.

IKG-Präsident Deutsch wies das Vorhaben im ORF-Radio vehement zurück. Er fühle sich an eine Zeit erinnert, von der er geglaubt habe, dass sie nie mehr kommen werde, spielte Deutsch offenbar auf die Judenregistrierungen unter den Nationalsozialisten an. Er geht davon aus, dass es zu keiner Registrierung von Käufern koscheren Fleisches kommen wird. "Das wird so in diesem Lande nicht stattfinden. Wenn es die FPÖ will, dann sollen sie es wollen, aber so wird es hier nicht gespielt. Wir lassen uns auch unser Österreich, und wir leben alle sehr gerne in Österreich, wir lassen uns das nicht durch einige Leute madig machen."

Auch die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) lehnt die Registrierung der Käufer koscheren Fleisches ab. "Es ist inakzeptabel, dass Mitbürgerinnen und Mitbürger aufgrund ihrer Religion stigmatisiert werden. Die Zeit des Registrierens von gläubigen Menschen ist endgültig und für alle Zeiten vorbei", sagte IGGÖ-Präsident Ibrahim Olgun am Mittwoch.

Streit zwischen FPÖ und SPÖ

Nun ist zwischen FPÖ und SPÖ ein Streit darüber entbrannt, wer Urheber des Vorhabens ist. Androsch erklärte am Donnerstag, dass sein Schreiben überhaupt nichts mit dem aktuellen Plan seines FPÖ-Nachfolgers zu tun habe. Die Information habe sich ausschließlich auf Personen bezogen, die Schlachtungen durchführen. "Waldhäusl will Listen von jenen Menschen anlegen, die geschächtetes Fleisch kaufen. Meine Information an die Behörden legt ausschließlich die Regeln fest, welche Voraussetzungen Personen erfüllen müssen, die selbst Schlachtungen durchführen, und wie das Bewilligungsverfahren der zuständigen Behörde abläuft", berichtete Androsch.

Waldhäusl sah das anders. "Jeder, der jetzt schreit, sollte vorher nachdenken. Wer hat das gemacht? Nicht der Waldhäusl, nicht die FPÖ, sondern ein roter Landesrat, der Waldhäusl vollzieht es", sagte der FPÖ-Landesrat im Ö1-"Mittagsjournal". Er betonte, dass die beiden Glaubensgemeinschaften mit der gewählten Vorgangsweise bereits gut gelebt hätten. Diese sei auch vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt worden. "Ich mache meine Arbeit, und die anderen sollten vielleicht ein bissel mehr lesen und nachdenken."

Ausnahmen aus religiösen Gründen seien bei Schächtungen in Ordnung, man dürfe aber den Tierschutz nicht außer Acht lassen, so Waldhäusl. Daher prüfe man, ob der Bedarf an koscherem Fleisch an den Wohnsitz gekoppelt werden kann. "Da muss man schon darüber nachdenken, und so viel Recht nehme ich mir als Landesrat heraus, diese Komponente des Tierschutzes zu kontrollieren."

Mikl-Leitern lehnt Registrieren von Abnehmern ab

"Dass sich die einzelnen Abnehmer zuerst registrieren lassen müssen, das wird es in Niederösterreich sicher nicht geben", sagte dagegen die schwarze Landeshauptfrau Mikl-Leitner. Es spiele "keine Rolle, ob dieser Vorstoß nun von einem SPÖ- oder einem FPÖ-Landesrat kommt", sagte sie. Es handle sich um ein besonders sensibles Thema, "da erwarte ich mir eine sachliche Diskussion und kein Zündeln". Die Religionsfreiheit sei ein wichtiges Gut. "Aber auch der Schutz der Tiere hat in unserem Land einen sehr hohen Stellenwert. Darum muss es besondere Voraussetzungen geben" – jedoch kein Registrieren von Abnehmern.

Sie sei mit IKG-Präsident Deutsch laufend im Gespräch – auch in dieser Frage. "Und ich habe ihm auch bereits gesagt, dass seine Befürchtungen nicht eintreten werden. Es wird an einer praxisnahen Umsetzung gearbeitet." (APA, 18.7.2018)