Die Qual der Wahl für die Demokraten: Hillary Clinton könnte eine der Präsidentschaftskandidatinnen 2020 werden.

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Es klang sehr bestimmt, wie Mark Penn eine dritte Kandidatur Hillary Clintons fürs Weiße Haus prophezeite. Sie werde nicht hinnehmen, dass die demütigende Schlappe im Duell gegen einen Amateur das Ende ihrer Karriere bedeute, schrieb der Politikberater im "Wall Street Journal". "Sie dürfen davon ausgehen, dass sie sich nochmals um die Präsidentschaft bewirbt." So wie Trump das Feld der Republikaner aufgerollt habe, werde Clinton die aufstrebenden Stars in den Reihen der Demokraten besiegen, "sie werden fallen wie Kegel auf einer Bowlingbahn".

Vielleicht wollte Penn einen Testballon starten, vielleicht wollte er auch nur seine Privatmeinung äußern, ohne sich mit Clinton abgesprochen zu haben. Zum engsten Kreis der Vertrauten um die Ex-First Lady, Senatorin und Außenministerin scheint er nicht mehr zu gehören, seit sie 2008 gegen Barack Obama den Kürzeren zog. Penn war damals ihr Kampagnenmanager, mitten im Wahlkampf wurde er ausgetauscht, weil sie sich schlecht beraten fühlte. Man könnte seine Prognose also als irrelevant abtun.

Aber: Es gibt auch Wortmeldungen Clintons, die unverändert brennenden Ehrgeiz verraten. "Nun, ich wäre gern Präsidentin", sagte sie neulich bei einem Auftritt im 92Y, einem Club in Manhattan. Trump habe Freunde wie Feinde verwirrt, keiner wisse mehr, wofür Amerika eigentlich stehe. "Also, die Arbeit, die zu leisten sein wird, ist eine Arbeit, für die ich sehr gut gerüstet wäre, nachdem ich acht Jahre im Senat verbracht habe und dann Diplomatin im State Department war." Es klang, als wollte sie es noch einmal wissen.

Personendebatte als Richtungsdebatte

Seit die Midterm-Wahlen Geschichte sind, rückt immer mehr die Frage in den Fokus, wen die Demokraten 2020 ins Rennen gegen Trump schicken. Sie ist nicht einfach zu beantworten: Trotz der jüngsten Erfolge sind sie sich keineswegs einig, auf welche Botschaft sie setzten sollen. Ein progressiver Flügel, stark in Metropolen an den Küsten, fordert einen Schwenk nach links. Er hofft, von der Energie einer Basis zu zehren, die mit heftigen, gut organisierten Protesten gegen Trump deutlich agiler wirkt als das Establishment der Partei.

Eine pragmatische Fraktion will dagegen die politische Mitte besetzen, auch mit Blick auf die weiße Arbeiterschaft, die sich von den Demokraten ab- und Trump zuwandte, weil sie sich von der linksliberalen Elite nicht mehr verstanden fühlte. Weil US-Parteien über die Wahl ihrer Spitzenkandidaten entscheiden, welche Richtung sie ansteuern, während Programme eher Nebensache sind, wird die Kür für die Wahl 2020 zu einem Richtungsstreit.

Auf der Linken sind es drei Senatoren, deren Namen bei keiner Debatte fehlen: Bernie Sanders, Elizabeth Warren und Kamala Harris. Sanders, nominell parteilos, ist der unbestrittene Wortführer dieses Flügels. Allerdings stellt sich die Frage, ob er mit seinen 77 Jahren einen gnadenlos harten Wahlkampfmarathon durchstehen kann.

Warren, die sich im Zuge der Finanzkrise als kompetente Kritikerin der Wall-Street-Banken profiliert hat, gilt als eine Art Chefökonomin der Linken – ist allerdings auch manchen Mitte-Wählern ein rotes Tuch. Harris, Tochter eines aus Jamaika stammenden Wirtschaftswissenschafters und einer in Indien geborenen Krebsforscherin, steht für das weltoffene Kalifornien.

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Elizabeth Warren ist als kritische Ökonomin bekannt.
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Zusehends ins Rampenlicht rückt Sherrod Brown, ein alter Hase der Politik, den sie auf der nationalen Bühne erst jetzt wirklich wahrnehmen. Die Senatswahl in Ohio, einem der Rust-Belt-Staaten, denen Trump seinen Wahlsieg verdankt, hat er mit fast acht Prozent Vorsprung gewonnen. Er habe unbeirrt die Interessen von Arbeitern und Gewerkschaften vertreten und am Ende bewiesen, dass man damit auch im Herzen der USA Erfolg haben könne, jubelte Brown nach seinem Triumph. "Dies ist 2018 die Botschaft aus Ohio, und 2020 wird es das Rezept für das ganze Land sein."

Alte Pragmatiker und Geheimtipps

Im Lager der Pragmatiker liegt Joe Biden, der frühere Vizepräsident, an der Spitze der Meinungsumfragen. Auch er ein Mann, der die Sprache der Malocher versteht. Wäre er anstelle Clintons gegen Trump angetreten, ist in Michigan, Pennsylvania oder Ohio immer wieder zu hören, regierte heute ein Demokrat im Weißen Haus. Dabei ist Bidens Wahlbilanz eher ernüchternd. Zweimal trat er an, um Präsident zu werden, 1988 und 2008. Beide Male musste er chancenlos aufgeben. Hinzu kommt, wie bei Sanders, auch bei ihm die Altersfrage. Würde er im Jänner 2021 vereidigt, wäre er 78.

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Amy Klobucha gilt als Geheimtipp.
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Als Geheimtipps gelten Amy Klobuchar, die unaufgeregte Senatorin aus Minnesota, und Eric Garcetti, der Bürgermeister von Los Angeles. Letzterer ist ein Praktiker, der sich ideologisch nicht festlegen lässt, seiner Partei aber ans Herz legt, sich wieder stärker um Geringverdiener zu kümmern. "Die Partei der Benachteiligten, das sind wir", sagt Garcetti. "Trump hat es gedreht, nun sind wir angeblich die Partei der Elite, obwohl das völliger Schwachsinn ist."

Und schließlich wäre da noch Beto O'Rourke, der charismatische Abgeordnete aus El Paso, einer texanischen Stadt an der Grenze zu Mexiko: Er ist eine Kategorie für sich. Mit den Forderungen der Linken begab er sich als Senatskandidat in Gegenden, die so fest in republikanischer Hand zu sein schienen, dass sich Demokraten dort zuletzt nur noch selten blicken ließen.

Beto O'Rourke wurde nicht Senator, vielleicht wird er aber Präsident.
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Knapp drei Prozentpunkte fehlten ihm am Ende zum Sieg über den Konservativen Ted Cruz, in Texas die knappste Niederlage eines Demokraten seit langem. Er selbst verbucht es als Beleg dafür, dass es die Wähler zu schätzen wissen, wenn sich einer kräftig ins Zeug legt und sich dabei treu bleibt, auch wenn er in Hochburgen des politischen Gegners für sein Programm wirbt. Seine Fans erinnern an Abraham Lincoln. Auch er verlor ein Senatsvotum, bevor er Präsident wurde. (Frank Herrmann aus Washington, 16.11.2018)