Bukarest – Mit einem Festakt im Bukarester Athenäum ist am Donnerstagabend im Beisein von EU-Kommissionschef Jean Claude-Juncker, Ratspräsident Donald Tusk und Parlamentspräsident Antonio Tajani Rumäniens halbjährige EU-Ratspräsidentschaft offiziell eröffnet worden.
Der Festakt wurde von Protesten der rumänischen Zivilgesellschaft begleitet, die ihre Behörden sowie die angereisten hohen Gäste mit Sprechchören und Transparenten wissen ließ: "Wir wollen Europa, keine Diktatur", "Wir wollen Justiz, keine Korruption" und "EU, verzeiht uns diese Regierung". Trotz starker Schneefälle und sogar eines Demonstrationsverbots durch die Stadtverwaltung hatten sich Tausende vor dem Bukarester Athenäum eingefunden, um die EU-Spitzen zu begrüßen und ihre Meinung zum europafeindlichen Kurs der Regierung kundzutun.
Mahnungen der EU-Spitzen
Juncker forderte bei der Auftaktfeier ein kompromissloses Vorgehen gegen Korruption. "Wenn es um den Kampf gegen Korruption geht, sind Kompromisse nicht möglich", erklärte er. Ratspräsident Tusk sagte, Rumänien könne "ein gutes Beispiel oder eine schlimme Warnung" werden. "Denjenigen, die hart für die Verteidigung europäischer Werte, unserer Freiheiten und Rechte kämpfen, sage ich: Kämpft weiter."
Am Freitag treffen Juncker und die gesammelte EU-Kommission erneut mit Präsident Klaus Johannis, Regierungschefin Viorica Dăncilă (PSD) und Senatspräsident Călin Popescu-Tăriceanu (Alde) zusammen, um die Prioritäten des Ratsvorsitzes abzustecken.
Bei der Pressekonferenz mit Johannis hielt Juncker einen Schengen-Beitritt Rumäniens noch in diesem Jahr unter seinem Mandat für möglich. Er habe dies zu Beginn seines Amtsantritts 2014 angesprochen und "ich sehe nicht, warum dies nicht eintreten kann". Johannis zeigte sich optimistisch, dass der Überwachungsmechanismus, dem neben Rumänien auch Bulgarien unterliegt, beendet werden könne. "Wir haben die Möglichkeit, dass es ein Ende für diesen Mechanismus geben kann".
Dragnea auf Urlaub
Ein Gespräch zwischen Juncker und PSD-Chef Liviu Dragnea am Freitag entfällt allerdings, da dieser sich zurzeit einen überraschenden Kurzurlaub gönnt. Ob Dragneas Abwesenheit auf eine diskrete Weigerung der EU-Spitzen, den vorbestraften Politiker zu treffen, oder auf seine eigene zunehmende Europaskepsis zurückzuführen ist, ist nicht bekannt. Rumänische Beobachter sind allerdings der Meinung, dass Dragneas Geste nichts Gutes verheißt – der PSD-Chef signalisiere damit deutlich, dass seine Partei im Wahljahr 2019 weiter auf eine dezidiert europafeindliche Haltung zu setzen gedenkt. (APA, red, 11.1.2019)