Sebastian Kurz und Heinz Christian Strache in Mauerbach.

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Die Wiener Grünen-Spitzenkandidatin Birgit Hebein bezeichnete das Gesetz am Montag als "Armutsförderungsgesetz", das verfassungswidrig sei. Wien werde sich dem Gesetz verweigern, bekräftigte sie: "Kein Bundesland kann gezwungen werden, ein nicht rechtskonformes Gesetz umzusetzen."

Auch die grünen Soziallandesräte aus Salzburg und Vorarlberg übten heftige Kritik an der Neuregelung. Die Regierung ziele damit auf eine "Zerstörung gut funktionierender Systeme der Mindestsicherung in den Bundesländern", sagte die Vorarlberger Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker. In Vorarlberg gingen sowohl die Zahl der Bezieher als auch die Ausgaben für die Mindestsicherung stetig zurück. Die vorgesehenen Kürzungen würden hingegen für eine Verfestigung von Kinderarmut sorgen. Wenn es nach ihr ginge, würde sich auch Vorarlberg aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken querlegen, erklärte Wiesflecker, verwies allerdings auf die Koalition mit der ÖVP.

Der Salzburger Soziallandesrat Heinrich Schellhorn ortete bei der Neuregelung einen Versuch von Türkis-Blau, die westlichen Bundesländer "strategisch zu spalten", zumal dort die Grünen in einigen Landesregierungen vertreten seien. Er sei in intensiver Diskussion mit der ÖVP, um in Salzburg "verfassungswidrige Experimente", die nicht mit den Experten der Länder abgesprochen seien, zu verhindern. Schellhorn forderte die Regierung zu einer kompletten Neuverhandlung auf.

Vorsichtigere Töne schlagen die Tiroler Grünen an, die ebenfalls in einer Koalition mit der ÖVP sind – und nicht an der Pressekonferenz in Wien teilnahmen. Wichtig sei nun, sagte die grüne Soziallandesrätin Gabriele Fischer, sich die Stellungnahmen zum Regierungsentwurf anzusehen und allfällige Änderungen abzuwarten. Vorher wolle man auch nicht über Widerstand gegen das Gesetz sprechen. Dass Wien bereits vorab angekündigt hat, den Regierungsentwurf nicht umsetzen zu wollen, sei laut Fischer "legitim". In Tirol warte man jedoch auf den Gesetzestext.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner erwartet sich von der Regierung, dass diese die kritischen Stellungnahmen zur Mindestsicherung ernst nehme und gemeinsam mit Experten, Ländern und Parlamentsparteien einen neuen Entwurf erarbeite. "Was ich mir nicht erwarte, ist, dass die Regierung mit dem Finger auf bestimmte Menschengruppen zeigt." Es brauche mehr Haltung, mehr Anstand, mehr Miteinander in der Politik und vor allem aufseiten der Bundesregierung, sagte Rendi-Wagner. "Der Bundeskanzler zeichnet Feindbilder. Ich erwarte mir von einem Bundeskanzler, dass er verbindet, dass er zusammenführt und für alle Menschen in Österreich da ist." (Steffen Arora, Theo Anders, David Krutzler, Günther Oswald, 15.1.2019)