Barbara Frischmuth

Foto: standard/Robert Newald

Frauen sind bei Ehrungen in der Minderzahl, Menschen mit Migrationshintergrund würden nicht in den Diskurs einbezogen, sagte Barbara Frischmuth vergangenen Dienstag in Ihrer Dankresrede für das Goldene Ehrenzeichen Wiens. Im Folgenden Auszüge:

Es ist immer schön, geehrt zu werden, dann, vor allem dann, wenn man, und sei es nur um einen Punkt, verbessern kann, was einem am Herzen liegt, nämlich die Statistik, die besagt, dass bisher von 205 Verleihungen dieses Goldenen Ehrenzeichens nur 40 an Frauen gegangen sind. Nur der Staatspreis für Literatur liegt da noch drunter. Dabei sind Frauen keine Minderheit, im Gegensatz zu Migranten.

Deutungshoheit

Wie ich immer wieder als Teilnehmerin an öffentlichen Diskussionen darüber, wie es um Österreich bestellt ist und wie es weitergehen soll, feststelle, wird dabei immer oder zumindest auch über Migration gesprochen, jedoch nicht mit Menschen, die einen Migrationshintergrund haben, was heißt, dass man sich die Deutungshoheit in jedem Fall vorbehält. Dabei würde das Miteinanderreden die Integration enorm erleichtern.

Migrierte Intellektuelle, Wissenschafter und Künstler warten nur darauf, in öffentliche Gespräche miteinbezogen zu werden. Es würde das Verständnis von Migration vertiefen, und vielleicht müsste man dann nicht mehr gerade die Bestintegrierten, ob Familien, für die sich sogar ihre Bürgermeister einsetzen, oder Lehrlinge, die dringend gebraucht werden, abschieben.

Dazugehören

Was aber die weibliche Hälfte der Bewohner dieses Landes angeht, würde es viele Frauen ermutigen, wenn mehrere von ihnen (ich rede noch gar nicht von Gleichstellung) auf diese Weise geehrt würden. Und unter ermutigen verstehe ich, sich mehr zu trauen, aber auch, sich mehr zuzutrauen, was dem Land keineswegs schaden würde.

Ich danke dem Land Wien für diese Auszeichnung und bin sicher, dass sie mir in Zukunft noch mehr wert sein wird, sollte sich die Statistik im Hinblick auf Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund bewegen, damit die einen sehen, dass etwas vorangeht, und die anderen endlich das Gefühl haben, auf ihre Weise dazuzugehören. (Barbara Frischmuth, 15.4.2019)