Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) plant spezielle Klassen für gewalttätige Schüler.

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Wiens Bildungsdirektor Heinrich Himmer (SPÖ) will die Vorfälle an der HTL Ottakring aufklären.

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Der Konflikt zwischen Schülern und einem Lehrer an der HTL Ottakring und die daraus resultierenden Mobbingvorwürfe haben am Montag auch Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) auf den Plan gerufen. Laut einem Bericht der "Wiener Zeitung" sollen in Österreich sogenannte Time-out-Klassen nach Schweizer Vorbild, die gewalttätige Schüler eine Zeitlang besuchen müssen, umgesetzt werden. "Wir werden das demnächst vorstellen", bestätigt eine Sprecherin des Bildungsressorts die Pläne im Gespräch mit dem STANDARD. Wahrscheinlich sei, dass diese Klassen in Form von Pilotprojekten eingeführt werden. Noch offen sei, wie lang Schüler darin bleiben sollen und welche Schultypen einbezogen werden.

Die Idee dieser Klassen ist nicht neu. Schon im Jahr 2014 setzte sich etwa der Vorsitzende der Pflichtschullehrergewerkschaft, Paul Kimberger (FCG), dafür ein. In Time-out-Klassen würden Schüler, deren Teilnahme am Unterricht etwa wegen ständigen Störens nicht mehr tragbar sei, temporär von Lehrern oder Unterstützungspersonal gefördert, hieß es damals. Und zwar, "solange es nötig ist, um sie wieder in die Klasse zu integrieren". Nicht nur Gewalt könne ein Grund für die Entsendung in Time-out-Klassen sein, auch Verhaltensauffälligkeiten oder gesundheitliche Aspekte, sagte Kimberger am Dienstag zum STANDARD.

Ob der aktuelle Fall durch diese Maßnahmen zu verhindern gewesen wäre, möchte Kimberger nicht beurteilen. Hier seien noch eine Reihe von Fragen zur Entstehungsgeschichte des Mobbings offen.

Time-out schon länger geplant

Auch Martha Brinek, Sprecherin des Bildungsministeriums, sieht den Fall in der HTL Ottakring nicht als geeigneten Anlass, um die Einführung der Time-out-Klassen zu argumentieren. Sie weist darauf hin, dass zentrale Fragen unbeantwortet sind, etwa ob es schulpsychologische Begleitung für den Lehrer gab oder ob der Direktor seine Pflichten als Schulleiter wahrgenommen hat. Die Einführung der Time-out-Klassen sei schon länger geplant, die Präsentation stehe unmittelbar bevor. Brinek hält aber auch fest, dass das Konzept nicht die "Antwort auf alle Fälle" sein könne.

Kimberger nennt als Vorbild skandinavische Länder. Dort habe man gute Erfahrungen damit gemacht. Zentral sei, dass Lehrer, Psychologen, Mediziner und Sozialarbeiter zusammenarbeiten und die auffällig gewordenen Kinder und Jugendlichen betreuen.

Himmer kündigt Konsequenzen an

In Wien hat die Bildungsdirektion eine unabhängige Kommission damit beauftragt, die Fragen rund um die Vorfälle in der Schule in Wien-Ottakring zu klären. Der STANDARD berichtete. So soll der betreffende Lehrer bereits seit Monaten von den Schülern gemobbt worden sein. Ein Versäumnis seitens der Direktion sah Bildungsdirektor Heinrich Himmer (SPÖ) in einem Interview mit der ORF-Sendung "Wien heute" vorerst nicht. "Das wäre unfair und unangebracht, bevor wir Ergebnisse haben", sagte Himmer.

Heinrich Himmer im "Wien heute" Studio
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Der Bildungsdirektor versprach Konsequenzen – nach der Aufklärung. "Wir werden dem ganz intensiv nachgehen, damit hier alles aufgedeckt und aufgeklärt wird." Denn: "Das, was hier vorgefallen ist, ist ein No-Go."

258 Anzeigen in Wiener Schulen

Der HTL-Lehrer, der als Quereinsteiger in seinem ersten Jahr als Pädagoge tätig war, wurde vom Unterricht in der Klasse abgezogen. Am Montag hätte er eigentlich in der Bildungsdirektion befragt werden sollen. Doch dieser Termin wurde wegen eines Krankenstands des Lehrers verschoben. Der Jugendliche, der in einem Video zu sehen ist, wurde vorerst suspendiert.

Seit dem Schuljahr 2017/18 werden erstmals von der Polizei Zahlen über Gewalt in Wiener Schulen erhoben. Die 258 entsprechenden Anzeigen hätten keine besondere Häufung an HTLs gezeigt – elf seien es gewesen. Zu den meisten Anzeigen kam es demnach mit 138 an Neuen Mittelschulen, gefolgt von 37 in AHS.

Die Wiener Neos kündigten an, am Mittwoch ein Maßnahmenpaket gegen Mobbing zu präsentieren, "um die Lehrer zu stärken und die Schüler zu unterstützen". (ook, rwh, 7.5.2019)