Vor kurzem waren sie noch Führungsfiguren der FPÖ. Jetzt ist Johann Gudenus nicht einmal mehr Parteimitglied, und Heinz-Christian Strache ist von allen Funktionen zurückgetreten.

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Wien/München – "Wer sind die Auftraggeber und wer die Nutznießer dahinter? Ich werde hier nicht lockerlassen. Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit ... Und die Gerechtigkeit setzt sich auf Dauer durch." Das schrieb das mittlerweile einfache FPÖ-Mitglied Heinz-Christian Strache zur Causa prima Ibiza-Gate am Mittwoch auf seinen beiden Facebook-Seiten mit insgesamt knapp 850.000 Followern. Antworten oder Verdächtigungen, wer die professionelle Videofalle ausgelegt haben könnte, lieferte er nicht. Strache verwies aber auf eine Wortspende des deutschen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble, der ein Geheimdienstwerk dahinter vermutet.

Johann Gudenus, Straches Ibiza-Reisegefährte, erklärte ausgewählten Medien am Dienstag seine Sicht der Dinge. Demnach habe eine ihm bekannte Immobilienmaklerin den Kontakt zu einem Wiener Immobilienanwalt mit Büro in der Innenstadt hergestellt, weil Gudenus ein geerbtes Grundstück im Kremstal veräußern wollte. Dieser Anwalt, Herr M., habe Gudenus erzählt, dass einer seiner Bekannten eine reiche Oligarchennichte kenne, die an dem Grundstück interessiert sei.

Und so sei der Erstkontakt im März 2017 entstanden: zwischen Gudenus, dem Anwalt, der Oligarchennichte und ebenjenem Bekannten des Anwalts, der sich als Vertrauter der Oligarchennichte ausgab – und mit ihr an jenem verhängnisvollen Abend mit Strache und Gudenus in Ibiza bei Champagner, Wodka und versteckter Videoaufzeichnung zusammensaß.

Dieselbe Adresse wie Münchner Anwaltskanzlei

Dieser Vertraute sei ein Münchner Detektiv mit Wiener Wurzeln, Julian H. – der sich laut STANDARD-Recherchen vor einiger Zeit auf seiner Firmenwebseite noch damit brüstete, eine professionelle Spürnase im Auftrag von Kriminalpolizei, Innenministerium "und ausländischen Regierungen" zu sein. Die Homepage wurde mittlerweile offline genommen.

Die Firmenadresse ist übrigens ident mit der Münchner Anwaltskanzlei Giese. H. hat das Firmentelefon auf Anwalt Christian Giese weitergeleitet. "Ich weiß nicht, wo er sich befindet", sagte dieser am Mittwoch dem STANDARD – und gab an, aus Verschwiegenheitsgründen nicht sagen zu dürfen, ob er H. vertritt oder nicht. Mit H. bestehe aber ein "Untermietverhältnis", sagt Giese. "Er hat einen Raum bei uns angemietet."

Im Gespräch mit oe24.tv bestätigt der ehemalige Chef von H., Sascha Wandl, dass er seinen Kollegen H. auf den Video-Aufnahmen "sofort erkannt" habe. "Das Ibiza-Video trägt genau meine Handschrift", so Wandl. H. und der Wiener Anwalt M. seien eng befreundet.

Wiener Anwalt verweist auf Verschwiegenheitsverpflichtung

Beim verhängnisvollen Treffen auf Ibiza war der Wiener Innenstadt-Anwalt M. übrigens nicht anwesend. Auch er will zu den Vorwürfen von Gudenus nicht Stellung nehmen, lässt über seinen Anwalt Richard Soyer nur ausrichten, dass er aufgrund von Verschwiegenheitsverpflichtungen für eine Stellungnahme nicht zur Verfügung stehen kann. Soyers Mandant erteile zudem "keine Zustimmung zu identifizierender Berichterstattung". Seinen Twitter-Account hat der Anwalt jedenfalls gelöscht.

Johann Gudenus war trotz mehrfacher Anfragen für den STANDARD nicht zu sprechen.

Laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erfolgt im Zusammenhang mit der Erstellung des Videos "eine Prüfung des Anfangsverdachts und der Zuständigkeit". Immerhin wurde auf Ibiza gedreht. Demnach dürfte es eine Abstimmung mit den spanischen Behörden geben.

Weitere Vorwürfe

Es gibt aber auch weitere Vorwürfe gegen den Wiener Rechtsanwalt: Einerseits taucht dieser auf der Enthüllungsplattform Offshoreleaks mit einer Firma in Malta auf. Andererseits soll er im Wahlkampf vor der Wiener Gemeinderatswahl 2015 Parteivertretern belastendes Material über Strache angeboten haben. Ein Mandant des Anwalts soll demnach Material über eine mutmaßliche Geldübergabe an Strache gehabt haben.

Manfred Juraczka, damals ÖVP-Chef in Wien, sagte dem STANDARD: "Uns wurde nichts angeboten – ob mit oder ohne Geldforderungen. Für die Landespartei kann ich das ausschließen." Auch ein Sprecher der Neos sagte, dass man bisher den Anwalt nicht gekannt habe. Ein Sprecher von Ex-Bürgermeister Michael Häupl verneint die Frage, ob es 2015 Angebote des Anwalts mit belastendem Material an die SPÖ gegeben habe. (David Krutzler, Fabian Schmid, Maria Sterkl, 22.5.2019)