Letztes Aufgebot der Regierung Kurz I: Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat die ehemalige Regierung ohne Sebastian Kurz als einstweilige Regierung angelobt – bis er eine neue hat.

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Sebastian Kurz rechnet mit seinem Comeback. Würde er tatsächlich die Wahl gewinnen und erneut Kanzler werden, bedeutet das logischerweise: Er braucht ein Regierungsteam – und auch darüber hinaus gäbe es wieder zahlreiche Jobs zu vergeben. Denn ein Regierungschef und seine Minister haben Kabinette, und die sind politisch besetzt.

Wie der Herr, so 's Gescherr

Das sind sie auch derzeit – allerdings wohl nicht mehr lange in dieser Zusammensetzung. Bundespräsident Alexander Van der Bellen sucht bereits emsig nach einer neuen Regierung – und die wird das politische Personal der ÖVP wohl kaum komplett übernehmen.

Dutzende FPÖ-Mitarbeiter haben nach Rücktritt der freiheitlichen Minister ihre Jobs bereits verloren. Denn die meisten blauen Kabinettsleute waren über Sonderverträge des Vertragsbedienstetengesetzes angestellt, und die sehen vor: Geht der Minister, endet das Dienstverhältnis.

Dadurch soll vermieden werden, dass ein neuer Ressortchef – der womöglich einer anderen Partei angehört – seine engsten Mitarbeiter vom politischen Gegner übernehmen muss.

Vom Kabinettsmitglied zum Beamten

Vor Wahlen passiert deshalb häufig Folgendes: Minister finden für ihre liebsten Mitarbeiter sogenannte Planstellen im Ministerium. Wird das Kabinett aufgelöst, werden die politischen Mitarbeiter "unabhängige" Beamte irgendwo im Haus und sind damit für den Nachfolger kaum kündbar. Bis die ehemaligen Kabinettsleute einen neuen interessanten Job gefunden haben, sind sie versorgt. Die Freiheitlichen hatten dafür aber kaum Zeit.

Sobald auch Hartwig Löger, Elisabeth Köstinger und Co ihre Ministerien räumen müssen, haben auch ihre Mitarbeiter ein Problem. Vor allem, nachdem man in der Volkspartei ja davon ausgeht, sie bald wieder zu brauchen: Dann wären schließlich bloß fünf, sechs Monate zu überbrücken.

Über 90 ÖVP-Leute in Kabinetten

Konkret saßen in türkisen Kabinetten etwas mehr als 90 politische Mitarbeiter. Das geht aus einer Anfragebeantwortung der Neos von 2018 hervor. Nicht alle dieser Kabinettsmitglieder sind aber über Sonderverträge angestellt. Manche waren zuvor Beamte oder wurden von einem Unternehmen oder einer Institution entliehen und können an ihren früheren – oder dann neu für sie geschaffenen – Arbeitsplatz zurückkehren. Das trifft wohl auf etwas weniger als ein Drittel der Betroffenen zu. Aber was passiert nun mit den restlichen Leuten?

In der ÖVP kann man die Frage derzeit noch nicht beantworten, heißt es auf Anfrage. Einige Mitarbeiter können vermutlich im bald startenden Wahlkampf eingesetzt werden – aber wohl nicht alle. Und die Opposition wird mit Argusaugen beobachten, wer noch schnell im Ministerium versorgt wird.

Kurz will nicht ins Parlament wechseln

Kurz selbst wird jedenfalls nicht, wie im Vorfeld kolportiert, in den ÖVP-Klub und somit den Nationalrat wechseln. Er wolle stattdessen quer durch Österreich touren, "um bei den Menschen um Unterstützung für die Fortsetzung seines Kurses zu werben", erklärte ein Sprecher am Dienstag. Von den ÖVP-Ministern hätten nur Elisabeth Köstinger, Juliane Bogner-Strauß und Josef Moser die Möglichkeit, nun Parlamentarier zu werden. Ein Mitarbeiter von Kurz erzählt bereits: Er werde seine Zelte zwischenzeitlich im Kaffeehaus aufschlagen. (Katharina Mittelstaedt, 29.5.2019)