Ein häufiger Streitpunkt nach Trennungen: Der getrennt lebende Elternteil lässt die Kinder während seines Kontaktrechtes teilweise von seinen Eltern betreuen.

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Carmen Thornton ist selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Ihre Kanzlei ist spezialisiert auf Trennungen und Scheidungen sowie Obsorge- und Unterhaltsverfahren. Auf derStandard.at/Familie beantwortet sie rechtliche Fragen bezüglich des Familienlebens.

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In den meisten Familien sind zwar die Eltern die Hauptbezugspersonen der Kinder, trotzdem spielen auch die Großeltern oft eine wichtige Rolle im Leben ihrer Enkel. Während das Verhältnis der Enkel zu den Großeltern meistens sehr unbeschwert ist, kommt es zwischen Eltern und Großeltern immer wieder zu Spannungen.

Grund dafür sind hauptsächlich unterschiedliche Auffassungen über Kindererziehung oder Haushaltsführung und ungewollte Ratschläge, die von den Eltern als Einmischung empfunden werden, gerade wenn sie von den Schwiegereltern kommen. Vor allem nach einer Trennung führt das mitunter dazu, dass ein Elternteil versucht, den Kontakt der Schwiegereltern zu ihren Enkeln zu verbieten oder massiv einzuschränken.

Häufiger Streitpunkt: Einmischung

Ein häufiger Streitpunkt ist, dass der getrennt lebende Elternteil die Kinder während seines Kontaktrechts teilweise von seinen Eltern betreuen lässt. Im Rahmen seines Kontaktrechts kann jeder Elternteil grundsätzlich selbst bestimmen, mit wem das Kind Zeit verbringen darf, solange die Kinder dadurch nicht gefährdet sind. Der hauptbetreuende Elternteil kann es also grundsätzlich nicht verhindern, dass die Schwiegereltern die Kinder während der Kontaktzeiten des Ex-Partners sehen.

Kontaktrecht gerichtlich geltend machen

Allerdings sind die Großeltern nicht unbedingt darauf angewiesen, dass ein Elternteil ihnen die Kinder freiwillig überlässt. Der Gesetzgeber räumt den Großeltern nämlich ein eigenes Kontaktrecht ein, das unabhängig von dem der Eltern besteht. Die Großeltern können daher selbst beim Pflegschaftsgericht eine verbindliche Kontaktregelung beantragen.

Das Kontaktrecht der Großeltern ist aber schwächer als jenes der Eltern. Es kann daher nicht nur bei einer Gefährdung des Kindes eingeschränkt oder untersagt werden, sondern auch, wenn durch die Ausübung des Kontaktrechts das Familienleben der Eltern oder deren Beziehung zum Kind gestört würde (z. B. wenn die Großeltern einen Elternteil gegenüber dem Kind schlechtmachen oder wenn das Kind aufgrund eines tiefgreifenden Zerwürfnisses einem massiven Loyalitätskonflikt ausgesetzt wäre). Die bloße Abneigung eines Elternteils gegenüber den Schwiegereltern oder auch ein angespanntes Verhältnis oder Meinungsverschiedenheiten sind aber kein Grund, den Großeltern das Kontaktrecht zu entziehen.

Kein Mitspracherecht in der Kindererziehung

Auch wenn ein Kontaktrechtsstreit kaum zu einer Verbesserung des Verhältnisses beitragen wird, haben die Großeltern in den meisten Fällen ganz gute Chancen, ihr Enkelkind zumindest ein bis zweimal im Monat zu sehen. Das gilt vor allem dann, wenn schon bisher ein sehr guter und intensiver Kontakt zu den Enkeln bestand. Das Kontaktrecht bedeutet allerdings nicht, dass die Großeltern in Erziehungsangelegenheiten ein Mitspracherecht haben. Die Kindererziehung ist ausschließlich Sache der obsorgeberechtigten Eltern. (Carmen Thornton, 6.8.2019)