Der Lovetuner sieht ein wenig aus wie ein Schiedsrichterpfeiferl, wird an einer Kette um den Hals getragen und sekkiert die Umgebung bei Betätigung mit einem Ton von exakt 528 Hertz. Der Ton erinnert an die Sirene eines kleinen Schiffes, das in den Hafen einfährt, lässt jeden Hund in der Umgebung den Schwanz einziehen, aber: der Mensch wird in wohlige Schauer versetzt. Als jemand, der eher in der Welt des Nüchternen gefangen ist, zitiere ich dazu die Hersteller, die können das einfach schöner erklären: "Eine kleine Einton Flöte kalibriert auf 528hz. Diese Frequenz wird auch die Liebesfrequenz oder göttliche Frequenz gennant. Mit dem Lovetuner bringt man sich innerhalb kürzester Zeit in Balance und Entspannung. Man macht eine bewusste Atempause, kommt in das hier und jetzt und ladet Liebe in sein Leben ein." 

Lovetuner in Bronze um 63 Euro, angeboten auf der Website.
Foto: derstandard.at

Pfiffe zeigen Effekte: ein stärkeres Immunsystem, mehr Lungenvolumen 

Drüber hinaus verbessert das Pfeiferl die Atemfunktion, vergrößert das Lungenvolumen und stärkt das Immunsystem. Vorausgesetzt, man schenkt den Herstellern, zusätzlich zu den gut 60 Euro, die das Teil kostet, auch Glauben. Der Lovetuner wird in Österreich über eine Adresse in Wels vertrieben, der Hype mit der Flöte begann aber in Kalifornien. Der Blog auf der internationalen Webseite offenbart: Der Lovetuner ist bei den Reichen und Schönen nicht mehr wegzudenken. Beim Yoga am Strand von Malibu wird in das kleine Horn geblasen, auch die Sportler am Ufer des Pazifiks schwören drauf. 

Lovetuner 528hz

Der adrette Surfprofi Fernando Stella hält den inoffiziellen Weltrekord im Lovetunen. Er freut sich sichtlich atemlos über einen eine Minute und 20 Sekunden dauernden, langen Dauerton, den er dem Pfeiferl entlocken konnte. Eine Warnung vor dem Betrachten des Videos mit Ton: Es droht ein Tinnitus.  

528 Hertz für bessere Noten und zur Traumabewältigung

Werbung für den Lovetuner macht auch der in Kalifornien lebende und aus Österreich stammende Designer Sigmar Berg. Er berichtet erfreut, dass der Lovetuner in einigen Schulen bereits obligat in den Unterricht integriert ist – was soll man sagen: Die Kinder pfeifen sich was und schon sind die Noten besser und die "Aggressionen sind weggeblasen"

Etwas Ernster: "Kids trafficking" sei ein Problem in Amerika, sagt Berg mit besorgter Marketingmine, "wo einfach Kinder verschleppt werden, vorwiegend aus Südamerika" und dann zur Prostitution gezwungen werden. Und dann sei schon viel verloren. Berg: "Wenn diese Kinder dann aus diesen Schleppergruppen rauskommen, sind sie meist schon verbraucht." Jetzt kommt das Pfeiferl ins Spiel, zwei Kinderschutzzentren in den USA sind jedenfalls dank einer eigens gegründeten Foundation schon mit den Miniflöten ausgestattet worden. Dort werden die erlebten Misshandlungen mit 528 Hertz einfach weggeblasen.

Berg erzählt von der Traumabewältigung mit dem schrillen Ton: "Mit dem Lovetuner kommen sie in die eigene Kraft. (...) Wenn ein Therapeut in der Gruppe den Kindern das Tunen lernt, (...) dann können sie sich mehr oder weniger selbst therapieren, die werden zum eigenen Guru." Schöner kann man es kaum sagen. Die Kids müssen – so hoffen wir – für das Erlernen des therapeutischen Lovetunens nichts zahlen. Wer sich hierzulande dafür interessiert, das Harmoniegebläse mit der Miniflöte von der Pike auf zu lernen: In Wels gibt es demnächst drei Lovetuner-Halbtagsseminare zu je 120 Euro. Der Gurutester – so viel sei verraten – wird vermutlich darauf pfeifen. (Christian Kreil, 5.8.2019)

Die Bewertung der Stiftung Gurutest:

Esoterikfaktor: ★★★★☆
Pseudomedizinfaktor: ★★★★☆
Verschwörerfaktor:☆☆☆☆☆
Rechtsaußenfaktor: ☆☆☆☆☆ 
Marketinggeniefaktor: ★★★★☆

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