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Skopje möchte an Brüssel andocken.

Foto: AP Photo/Boris Grdanoski

Der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) besucht in den kommenden Tagen die südosteuropäischen Staaten Bulgarien und Nordmazedonien. Im Zentrum der Gespräche stehen das Veto Bulgariens gegen die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien. Das Land hat bereits seit 17 Jahren den Kandidatenstatus und wäre der einzige Staat in Südosteuropa der rasch der EU beitreten könnte, wenn er eine Chance bekommen würde. Denn in Nordmazedonien wurde bereits vor vielen Jahren damit begonnen, den Rechtsbestand dem EU-Gemeinschaftsrecht anzugleichen. Die mazedonische Regierung war im regionalen Vergleich in den vergangenen Jahren auch die einzige, die ernsthaft Reformanstrengungen durchführte.

Doch viele Jahre lang blockierte Griechenland den EU- und den Nato-Beitritt wegen des Namens. Nach der Neubenennung des Staates von Mazedonien in Nordmazedonien im Jahr 2018 hob Griechenland das Veto auf, doch es folgte 2020 ein Veto der rechtsnationalen Regierung Bulgariens. Sofia argumentierte, dass Nordmazedonien bezüglich seiner Geschichte und seiner Sprache im Sinne einer nationalen Identitätspolitik auf die Wünsche des Nachbarn eingehen müsse.

Historikerkommission

Der mazedonische Außenminister Bujar Osmani sagte am Sonntag, dass nun die letzte Chance gekommen sei, die Beziehungen zu Bulgarien zu retten. Falls die bulgarische Seite das Veto gegen den Beginn von EU-Verhandlungen nicht bis Juni zurückziehen werde, werde man sich in Skopje nicht mehr weiter auf die Frage konzentrieren. Mithilfe einer Historikerkommission wird seit Jahren versucht, die strittigen Punkte zu lösen. So sind bulgarische Nationalisten etwa der Meinung, es gäbe keine eigene mazedonische Sprache. Behauptet wird auch, dass Bulgaren in Nordmazedonien diskriminiert seien.

Deshalb wird nun über eine Lösung verhandelt, wonach die Bulgaren als Volksgruppe in die mazedonische Verfassung inkludiert werden sollten. Dazu müsste die Verfassung in Nordmazedonien aber schon wieder geändert werden. Der bulgarische Präsident Rumen Radev betonte erst kürzlich, dass Nordmazedonien mit dem Einfügen des Wortes "Bulgaren" in die Verfassung die "europäische Idee akzeptieren" würde. Auch die Außenministerin der neuen Mitte-Links-Regierung in Bulgarien, Teodora Gencovska verwies in den letzten Tagen darauf, dass die "Bulgaren" in der Verfassung in Nordmazedonien verankert werden sollten. Premier Kiril Petkov meinte die Entscheidung über Nordmazedonien werde auch noch im Parlament in Sofia diskutiert werden.

Intellektuelle kooperieren

In beiden Staaten haben sich kürzlich 42 Intellektuelle und öffentlich bekannte Personen dafür ausgesprochen, dass Bulgarien endlich das Veto aufhebt. Die 42 Personen meinten, dass sie auf zivilgesellschaftlicher Basis an der Zusammenarbeit der Nachbarstaat arbeiten wollten. Sie wiesen auch darauf hin, dass der "Konflikt" zwischen Sofia und Skopje von Russland angestachelt werde. Russland versucht seit vielen Jahren in Südosteuropa durch hybride Taktiken die euroatlantische Integration zu behindern. Beide Staaten – Bulgarien und Nordmazedonien – sind jedoch Mitglied der Nato.

Unterstützung für die Aufhebung des bulgarischen Vetos kommt indes auch von Frankreich, Deutschland und von den USA. Denn angesichts des Kriegs Russland gegen die Ukraine und der Einmischung Russlands auf dem Balkan sind eine klare westliche Ausrichtung aller südosteuropäischen Staaten auch für die prowestlichen Staaten der EU und für die USA wieder wichtiger geworden. (Adelheid Wölfl, 8.5.2022)